Was ist eine Radierung?
Tiefdruck ist eine faszinierende Technik, bei der wir Linien oder Punkte in die glatte Oberfläche einer Druckplatte ritzen - ein Prozess, den wir Radieren nennen. Das Werkzeug deiner Wahl hierfür ist eine Radiernadel.
Die Herstellung der Druckplatte kann auf zwei grundlegend verschiedenen Wegen erfolgen:
Bei der Kaltnadelradierung zeichnest du direkt auf die Druckplatte mit einer extrem harten Stahl-Radiernadel. Du kannst verschiedene Tiefen kreieren, von feinsten Linien bis zu tieferen Furchen mit hervorstehenden Rändern, die viel Farbe aufnehmen und beim Drucken eine stärkere Schwärzung erzeugen. Hierbei kommt keine Ätzflüssigkeit zum Einsatz. Bei der Ätzradierung kratzt du die Zeichnung in eine zunächst auf die Platte aufgebrachte weiche Abdeckschicht. Danach wird die Platte mit einer Ätzflüssigkeit behandelt, wobei nur die Stellen angegriffen werden, an denen die Deckschicht beschädigt wurde. Nach dem Spülen der Platte wird die Deckschicht entfernt.
Nachdem du die Platte verletzt hast, bleibt sie flach. Die durch das Ritzen entstandenen Vertiefungen können Druckfarbe aufnehmen. Dafür färbst du die gesamte Platte ein und wischst dann die Farbe von der glatten, unbeschädigten Oberfläche ab. Durch das Aufpressen eines feuchten Papiers wird die Farbe aus den Vertiefungen und Rillen herausgesaugt und erscheint auf dem Druckpapier. Im Gegensatz zu Hochdruckverfahren brauchst du für den Tiefdruck eine Walzendruckpresse. Meistens ist die Druckplatte etwa 1–2 mm dick.
Für das Radieren kannst du alle glatten Materialien verwenden, die verletzbar sind und mit meist terpentin- oder wasserlöslicher Farbe keine feste Verbindung eingehen. Die Druckplatten bestehen hauptsächlich aus Kupfer, oft auch aus Zink oder Messing. Eisenradierungen wurden in den Anfängen der Technik hergestellt, sind jedoch heute kaum noch gebräuchlich.
Wie das Radieren zählt auch der Kupferstich zu den Tiefdruckverfahren. Während beim Kupferstich durch das scharfe Einschneiden sehr exakte klare Ränder erzielt werden können, greift die Säure beim Ätzvorgang der Radierung das Metall ungleichmäßig an. Sie dringt, obwohl nur sehr geringfügig, auch unter die Ränder der Deckschicht ein. Dadurch entsteht die etwas körnig wirkende Linie.
Ein weiterer Unterschied zwischen Kupferstich und Radierung liegt in der Möglichkeit der Linienführung. Während bei der Radierung mit der Nadel so frei wie mit einem Bleistift gearbeitet werden kann und damit eine unmittelbare, spontane Zeichnung möglich ist, ist die Schnittführung des Kupferstichs auf gerade oder kurvige Linien beschränkt.
Die manuellen Verfahren sind heute eine eher elitäre grafische Technik, die wegen ihrer eigenständigen grafischen Wirkungen und der Möglichkeit kostengünstiger Kleinauflagen von vielen Künstlern praktiziert wird.