Das offizielle Kunstmagazin für Kunstliebhaber

Ob Informationen zu Künstlern, aktuellen Ausstellungen, zur Kunstszene, Malerei oder auch interessante Inhalte über Kunstrichtungen, Maltechniken & Co. – in unserem Kunstblog finden Sie alles Wissenswerte im Bereich der zeitgenössischen sowie modernen Kunst.

Kunstrichtung "Art Brut": Geschichte & Hintergrundwissen

Kunst außerhalb des Kunstsystems: In den 1940er Jahren prägt der französische Künstler Jean Dubuffet den Begriff der "Art Brut" (dt. unverbildete, rohe Kunst) für seine private Kunstsammlung, deren Exponate hauptsächlich von Laien, Kindern und Menschen mit geistiger Behinderung oder psychischer Disposition stammen. Die Bezeichnung, die Dubuffet seiner Zeit ausschließlich auf seine eigene Sammlung anwendet, wird schon bald zum Sammelbegriff für Kunst, die autodidaktisch und außerhalb des kulturellen Mainstreams entsteht. Verbindendes Element ist eine unverbildete, naive und antiakademische Ästhetik.

Dass der Künstler sich gegen das System richtet, gehört wie selbstverständlich zu dem Bild, das wir von ihm haben: Künstler sind diejenigen, die rebellieren und die sich außerhalb der Gesellschaft positionieren, um sie kritisch portraitieren zu können. Kunst, die außerhalb des Systems entsteht, ist im Grunde also nichts Besonderes. Im Falle der „Art Brut“ besteht die Besonderheit jedoch gerade darin, dass die Kunstschaffenden gar nicht wissen, dass sie nicht im System sind – weil dieses in ihrer Welt keine Rolle spielt.

Begriffsursprung: Die Collection de l'art brut in Lausanne

Die Privatsammlung des Malers Jean Dubuffet, die in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts entsteht, spiegelt dessen kunsttheoretische Ansichten: Dubuffet zufolge ist autodidaktische Kunst ungleich höher zu bewerten als akademisch konzipierte Exponate, da Erstere keiner vorgeschriebenen Ästhetik folgen, sondern aus einem inneren Ausdrucksbedürfnis heraus entstehen, also „unverbildet“ seien. Dieser Vorstellung entspricht auch der Begriff, den der Künstler 1945 prägt und den er zeitlebens als sein geistiges Eigentum betrachtet: „Art Brut“ bedeutet in etwa „unverfälschte bzw. unvermittelte oder rohe Kunst“. Die französische Doppelbedeutung von „brut = edel-herb“ (vgl. „Champagne Brut“) erklärt sich aus der Weinliebe des Künstlers, der zugleich im Weinhandel tätig ist. Die entsprechenden Exponate erhält Dubuffet aus nahe gelegenen psychiatrischen Anstalten.

Im Jahre 1947 entsteht unter der Schirmherrschaft des französischen Künstlers und des Surrealisten André Breton, dessen kunsttheoretischen Auffassungen die Philosophie der „Art Brut“ sehr entgegenkommt, in Paris die Compagnie de l'Art brut. Hier wird erstmals der Versuch unternommen, jene alternative Kunst nicht nur zu sammeln, sondern auch (sofern dies möglich ist) zu dokumentieren und zu studieren. Zwei Jahre später folgt die erste große Ausstellung der Compagnie unter dem Titel L' art brut préferé aux arts culturels, bei der mehr als 200 Werke von insgesamt 63 Künstlerinnen und Künstlern präsentiert werden. Dubuffet definiert die Exponate als alternative und subversive Kunstform und besteht darauf, als geistiger Vater dieser Stilbezeichnung einzig und allein das Recht zu haben, Kunstwerken den Status der „Art Brut“ zu verleihen oder abzuerkennen.

Da es jedoch wesentliches Charakteristikum dieser Sammlung ist, dass sie nicht durch akademische Parameter zu definieren ist, ist die Abgrenzung zu anderen künstlerischen Ausdrucksformen kaum aufrecht zu erhalten. So setzt sich die Bezeichnung „Art Brut“ schon sehr bald auch international für andere Kunstformen außerhalb der gesellschaftlichen Norm durch und vermischt sich allmählich mit Begriffen wie „Naive Kunst“ oder „Bildnerei der Geisteskranken“. Im anglo-amerikanischen Raum sind statt „Art Brut“ die Bezeichnungen „Outsider Art“, „Visionary Art“ und „Self-taught Art“ gebräuchlich.

„Art Brut“: Geisteskrankheit als kreative Triebfeder

Die anglo-amerikanische Sammelbezeichnung „Outsider Art“ zeugt von einem deutlich weiter gefassten Kunstbegriff als Dubuffets Prägung „Art Brut“: Während die „Outsider Art“ generell Kunst bezeichnet, die gleichsam außerhalb der Gesellschaft entsteht (so beispielsweise auch Kunst verurteilter Straftäter und sogenannter „Underdogs“), meint „Art Brut“ zunächst explizit die Kunst von Menschen, die unter (schweren) geistigen Behinderungen oder psychischen Dispositionen leiden. Diese „Randgruppe“ erfüllt auch eine weitere Bedingung der „Art Brut“. Dabei handelt es sich um die Isolation des Künstlers von der gängigen Vorstellung dessen, was „Kunst“ sein soll: Der Art-Brut-Künstler à la Dubuffet ist kein Angehöriger normaler Künstlerkreise, schafft im Verborgenen und ist über die gegenwärtigen kulturellen Entwicklungen nicht informiert. Diese Bedingungen machen seine Kunst weitestgehend autark und unvorhersehbar.

cometstarmoon: La Collection de l'Art Brut: Adolf Wölfli (Quelle: flickr.com)

Die, beispielsweise in Psychiatrien und geschlossenen Einrichtungen entstandenen, Bilder, Skulpturen und Collagen als Kunst zu betrachten und wertzuschätzen, ist Mitte des 20. Jahrhunderts ein vollkommen neuer Ansatz, der in der Folge wesentlich zur generellen Anerkennung und Aufwertung marginalisierter Kunstformen beiträgt.

Allerdings macht Dubuffet in seinen kunsttheoretischen Texten auch deutlich, dass die sogenannte „Geisteskrankheit“ den Art-Brut-Künstler zwar in gewisser Weise zu außergewöhnlichen künstlerischen Leistungen befähige, es jedoch nicht die psychische Disposition an sich sei, die aus dem Menschen den Künstler mache:

„Geisteskrankheit entlastet den Menschen, gibt ihm Flügel und befördert offenbar seine seherischen Gaben[.] […] Wir sind der Ansicht, dass die Wirkung der Kunst auf uns in allen Fällen die gleiche ist, und dass es ebenso wenig eine Kunst der Geisteskranken gibt, wie eine Kunst der Magenkranken oder der Kniekranken.“1

Die Spielarten der „Art Brut“: Von Alltagsgegenständen bis zum Horror Vacui

Die Ausdrucksformen der „Art Brut“ sind vielfältig, zeichnen sich jedoch in erster Linie durch betont natürliche und einfache Stilmittel und Materialien aus. In diesem Zusammenhang wird die Kunstform auch zur Inspirationsquelle für Surrealisten und Expressionisten, die in dem „kreativen Wahnsinn“ eine Befreiung von dem strengen Formalismus des Kunstbetriebes und den gesellschaftlichen Beschränkungen sehen. Die Art-Brut-Künstler sind durch ihre psychische Disposition gleichsam zu dem befähigt, was sowohl Expressionisten als auch Surrealisten als höchstes Ziel anerkennen: Zum freien, ungehinderten „Fließen lassen“ der kreativen Energie.

Die Werke der „Art Brut“ entstehen beispielsweise durch die freie und zufällige Kombination von Alltagsgegenständen, Glas- und Tonscherben, Abfall und natürlichen Materialien wie Holz oder Muscheln, die zu Materialbildern, Skulpturen oder Verzierungen aller Art verarbeitet werden. Ein berühmtes Beispiel ist das Gebilde „Weltmaschine“ des österreichischen Landwirts Franz Gsellmann. Im zeichnerischen Bereich zeichnet die Kunstform sich durch den sogenannten „Horror Vacui“, das ist die Angst vor dem leeren (d.h. ungenutzten) Raum aus: In Gemälden der „Art Brut“ ist die Zeichenfläche in der Regel vollständig ausgefüllt, sodass die Formen lediglich durch unterschiedliche Hell-Dunkel-Werte zu erkennen sind.

Ein bekannter Art-Brut-Vertreter ist beispielsweise Adolf Wölfli (siehe Bild: La Collection de l'Art Brut), der während der 35 Jahre in der Schweizer Nervenheilanstalt Waldau nicht nur malt, sondern auch ganze Bücher veröffentlicht; im Jahre 1921 widmet sein Psychater Walter Morgenthaler Wölfli die medizinische Fallstudie „Ein Geisteskranker als Künstler“. Zu weiteren bekannten Künstler zählen Karl Brendel, Karin Birner, Helga Nagel, Jutta Steinbeiß und Sonja Plank. Der auffallend große Anteil weiblicher Künstlerinnen erklärt sich aus der Tatsache, dass während der 1940er, 50er und 60er Jahre überdurchschnittlich viele Frauen mit der Diagnose „Hysterie“ in Nervenheilanstalten eingeliefert und häufig erst Jahre später wieder entlassen wurden. In den meisten Fällen litten diese Frauen lediglich an hormonell bedingten schweren Stimmungsschwankungen – doch mit der Erforschung des weiblichen Hormonhaushaltes wurde erst viele Jahre später begonnen.

1 Schneider, Birgit: Narrative Kunsttherapie. Identitätsarbeit durch Bild-Geschichten. Ein neuer Weg in die Psychotherapie, Bielefeld 2009. S. 269f.


Body-Art: Was steht hinter dem Stil der Aktionskunst?

Die Kunst mit dem Körper: Im Zuge der künstlerischen Avantgardebewegungen des 20. Jahrhunderts wird die Trennung von Künstler und Kunstwerk zunehmend fraglich. So entwickelt sich in den 1960er Jahren die sog. Body-Art (dt. Körperkunst) als eine Ausformung der neuartigen "Aktionskunst", die die klassischen Formen der Bildenden Kunst erstmals vollständig überschreitet. In der Body-Art ist der menschliche Körper zugleich Medium der Vermittlung und Objekt der Anschauung. Die Körperkunst ist keinesfalls gleichzusetzen mit Body-Painting oder Fotografie.

Zwischen Happening und Fluxus: Body-Art als Form der Aktionskunst

Mit der sogenannten "Aktionskunst" bricht die Bildende Kunst des 20. Jahrhunderts mit allen Tabus. Die Bewegung entsteht zugleich als eine Art Protestbewegung gegen den als zu eng empfundenen traditionellen Kunstbegriff und als Manifestation politischer Meinungsbildung, indem Grenzen bewusst überschritten und "gesprengt" werden. Der ursprünglich politisch motivierte Gedanke der Aktionskunst sieht die künstlerische Gestaltung nicht mehr als einen singulären Schaffensakt, sondern als einen Eingriff in die soziale Wirklichkeit. Jene Grenzüberschreitung schlägt sich formal in neuen medialen und performativen Ausdrucksformen nieder, die sich zu jeweils unterschiedlich akzentuierten Strömungen weiterentwickeln.

So mischen sich in der Aktionskunst nach und nach klassische Arbeitsweisen wie Bildhauerei und Malerei mit neuartigen Medien wie Film, Fotografie und Video. Darüber hinaus wird erstmals auch der Versuch unternommen, den prozesshaften Charakter des künstlerischen Schaffens abzubilden. Aus dieser Motivation heraus entstehen mit der sogenannten "Fluxus-Bewegung" und dem "Happening" die beiden wichtigsten Formen der Aktionskunst, die sich vor allem dadurch auszeichnen, dass weder Anfangs- noch Endpunkt in irgendeiner Weise markiert sind. Beide Ausformungen verstehen sich als fließender, nicht fixierbarer Übergang zwischen Kunst und Leben. Die Körperkunst ist zunächst Bestandteil dieser beiden Hauptströmungen, emanzipiert sich jedoch schon sehr bald und wird zu einem eigenständigen Stil.

Ekel, Entsetzen und Provokation? Aktionskunst im öffentlichen Raum

Die Aktionskunst lebt von der Provokation. Für das durchschnittliche Publikum des künstlerischen Betriebes um 1960 ist "Kunst" ein vom Künstler losgelöstes, in der Regel ästhetisch ansprechendes Artefakt. Die Aktionskünstler jedoch setzen sich vehement gegen diese traditionelle Trennung von Subjekt und Objekt zur Wehr und setzen stattdessen auf Handlungen und Aktionen, in die sie selbst unmittelbar involviert sind. Auf diese Weise wird gleichsam der künstlerische Schaffensprozess selbst zum Objekt. Bekannte Vertreter der Aktionskunst sind u.a. Wolf Vostell, Joseph Beuys (Siehe Bild: Fussbodenzeichnung Herzogstrasse 79) und (zum Teil) Friedensreich Hundertwasser (Siehe Briefumschlag Menschenrecht). Im Wien der 1960er Jahre formiert sich mit dem "Wiener Aktionismus" zudem eine Splittergruppe, die durch den aggressiven Bruch mit gesellschaftlichen Konventionen vornehmlich den autoritären Ständestaat anprangert.

In der bekanntesten Form der Aktionskunst, dem Happening, wird auch das Publikum in den künstlerischen Schaffensprozess einbezogen: Es handelt sich um ein mehrheitlich improvisiertes Ereignis mehrerer Künstler oder Künstlergruppen, die das Publikum durch provozierendes Verhalten zu Reaktionen aller Art herausfordern. So werden beispielsweise Gegenstände ins Publikum geworfen, das Bühnenbild zerstört, Kunstblut in den Zuschauerraum gespritzt usw. Die jeweiligen Publikumsreaktionen werden dabei von den Künstlern in den Ablauf integriert und verändern dadurch auch den weiteren Verlauf des Happenings. Dadurch, dass die Reaktionen nicht vorhersehbar sind, ist das Ereignis in der Regel nicht zeitlich fixiert, sodass das Publikum sich nicht darauf einstellen kann, wann es beginnt oder endet. Die zufällige Zusammenstellung des Bühnenbildes, welches keiner geplanten Komposition folgt, erinnert an Gestaltungstechniken des Surrealismus.

Body-Art: Provokation durch Nacktheit und Gewalt

Zu den Mitteln, das Publikum zu provozieren und zu schockieren, zählt auch der geplante Exhibitionismus. Dieser ist in der Regel fester Bestandteil der Körperkunst und wird in sogenannten "Performances" in Szene gesetzt. Hierbei kann es sich sowohl um eine Selbstdarstellung des Künstlers durch Fotografien und Videoaufnahmen als auch um die Gestaltung "lebender Bilder" handeln. Der Künstler kann sich selbst zum Bild machen oder auch andere Körper im Bühnenraum "arrangieren" und entsprechend in Szene setzen, indem er sie beispielsweise mit Farbe übergießen oder mit Schweineblut beschmieren lässt etc. Als besonders provokant gilt die vollständige Entkleidung der Darstellenden, die explizit schockierte und abgestoßene Reaktionen des Publikums hervorrufen soll.

Zwar gelten auch vergleichsweise harmlose Darstellungen wie etwa der Ausdruck mittels Gebärdensprache als Body-Art, doch berühmt-berüchtigt ist die Stilrichtung vor allem durch ihre extrem schockierenden Ausprägungen geworden, die von der Spielerei mit Schweineblut bis zu blutigen Selbstverletzungen der Künstler und der Darstellenden reichen. Da insbesondere die Performance-Kunst, in deren Bereich ein Großteil der Körperkunst fällt, von den unmittelbaren Reaktionen des Publikums lebt, handelt es sich bei der Body-Art im Grunde um eine Mischung aus Bildender Kunst und Theater:

„Wesentliches Merkmal der Body Art ist, den Zuschauer anzugreifen. Die Ästhetik des Kunstwerks wird dadurch bestimmt, inwieweit die Denkgewohnheiten des Zuschauers durcheinandergebracht werden und er aus seinem passiven Verhalten herausgebracht wird."

Zu den bekanntesten Body-Art-Künstler zählen u.a. Gina Pane, die Anfang der 1970er Jahre bekannt wird, indem sie sich live und vor Publikum Verletzungen mit Dornen, Rasierklingen und Glasscherben zufügt, und Anngret Soltau, die die Verletzungen allerdings nicht ihrem Körper, sondern Fotografien von sich selbst zufügt. Auch die Jugoslawin Marina Abramovic arbeitet mit Selbstverletzung, indem sie sich während ihrer Aktionen nackt auf Eisblöcke legt und sich ganz und gar dem Publikum aussetzt (das die Erlaubnis hat, mit ihr nach eigenem Ermessen zu verfahren). Ebenfalls bekannt für seine provokanten Aktionen ist Rudol bSchwarzkogler, seines Zeichens ein Vertreter des Wiener Aktionismus.


Aktkunst mit Stil: Bekannte Aktfotografien

Was hat Rihanna mit Uschi Obermaier und Marilyn Monroe gemeinsam? Richtig: Die Aktfotografie! Was bereits in der Frühgeschichte mit der Darstellung nackter menschlicher Körper zu rituellen Zwecken beginnt, entwickelt sich bei den Griechen zur eigenständigen Kunstform und wird von der akademischen Malerei schließlich mit dem Begriff des „Aktes“ belegt. Mit der Erfindung der Fotografie zu Beginn des 19. Jahrhunderts werden die Aktmodelle nicht länger gemalt oder in Stein gehauen, sondern fotografisch in Szene gesetzt: Die künstlerische Aktfotografie ist geboren.

Während Marilyn Monroe und Uschi Obermaier sich bereits in den 1960er Jahren spärlich bekleidet vor die Linse wagten, zierte Rihanna im Dezember 2013 das Cover der 25. Jubiläumsausgabe des britischen Männermagazins „GQ“. In Szene gesetzt wurde sie dafür von dem Fotografen Mariano Vivanco und dem bekannten britischen Provokateur Damien Hirst. Gemeinsam verwandelten sie Rihanna in eine moderne Version der griechischen Sagengestalt Medusa.

Der Akt: Zwischen heidnischem Kultus und sakraler Kunst

Man kann nur das darstellen, was man kennt. Nach diesem Credo, das seinen Ursprung in der „Poetik“ des griechischen Philosophen Aristoteles hat, handelten auch die Professoren der großen europäischen Kunstakademien, wenn sie ihre Schüler Stellungen und Bewegungsabläufe anhand nackter Körper studieren ließen. Dementsprechend setzt sich die Bezeichnung „Akt“ aus den lateinischen Wörtern „agere“ („in Bewegung setzen“) und „actus“ („Gestikulation“) zusammen. Der klassische Akt wird als Abbildung der Gebärde bzw. der Haltung verstanden, die das jeweilige Modell beim Übergang von einer Position oder Bewegung in die nächste vollführt.

Obgleich die Bezeichnung erst mit dem Akademismus geprägt wurde, handelt es sich bei der Darstellung nackter menschlicher Körper um eines der ältesten Genres der Kunstgeschichte: Während die Körperdarstellung in der frühgeschichtlichen Kunst einen eher symbolisch-kultischen Charakter hatte, galt sie in der idealisierenden griechischen (und später auch der römischen) Kunstauffassung bereits als eigene Form. Im christlichen Mittelalter wurde die Aktmalerei in den Dienst der Kirche gestellt und nur in solchen Fällen nicht als moralisch verwerflich eingestuft, in denen die dargestellte Nacktheit tatsächlich erforderlich war. Ein berühmtes Beispiel dieser Periode ist das Deckenfresko „Die Erschaffung Adams“ in der Sixtinischen Kapelle, das zwischen 1508 und 1512 von Michelangelo Buonarroti geschaffen wurde (siehe Bild).

Titel: Die Erschaffung Adams (Vatikan)
Fotograf: Jörg Lohrer
Bild-Quelle: https://www.flickr.com/

Akademische Aktkunst und künstlerische Moderne

In der Renaissance wurden neben den christlichen Motiven zunehmend auch weltliche Themen mittels Aktmalerei dargestellt, welche – gemäß ihren antiken Vorbildern – häufig mit mythisch-allegorischer Bedeutung aufgeladen waren. In diese Zeit fallen auch die Anfänge des Akademischen Kunststils, der das Zeichnen und Malen von unbekleideten nackten Modellen als Teil der technischen Unterweisung vorsah. In Deutschland wurde das Aktzeichnen im Jahre 1662 als Unterrichtsfach der Kunstakademien eingeführt. Bekannt für seine Aktzeichnungen (zum Teil auch in Form von Selbstbildnissen) ist in Deutschland unter anderem Albrecht Dürer, der – ebenso wie Leonardo da Vinci – auch Aktteilstudien als eigenständige Kunstwerke deklarierte. Ein Beispiel hierfür sind beispielsweise Dürers „Betende Hände“ aus dem Jahre 1508 - das Original befindet sich derzeit in der Albertina in Wien. Bei uns ist das Werk als Poster bestellbar (siehe Bild).

Mit dem Beginn der künstlerischen Moderne um 1900 verliert die Aktmalerei schließlich ihre Einschränkung auf religiöse, mythologische und historische Motive und befreit sich zudem von ihrer pädagogischen Instrumentalisierung. Im Im- und Expressionismus wird sie erstmals mit dem Ziel ausgeführt, nicht den Körper an sich zu portraitieren, sondern die äußere Erscheinung zugunsten der körpersprachlichen Details zurücktreten zu lassen.

Zu berühmten Aktmalern der Moderne zählen:

Henri Matisse,

Gustav Klimt,

Peter Paul Rubens und

Egon Schiele.

Entdecken Sie deren bekanntesten Werke hier in unserer Kunstgalerie!

Sehr beliebt für seine weiblichen Akte ist außerdem der italienische Maler Amedeo Modigliani – seine Arbeit „Nudo“ hat zahlreiche Nachahmer gefunden. In unserem Zimmermann & Heitmann Postershop erhalten Sie das Werk „Nude Seated On Left Leg“ als Poster.

Aktfotografie: Zwischen Akademie und Erotik

Zeitgleich mit der Akzentverschiebung in der modernen Aktmalerei werden mit der Fotografie ganz neue künstlerische Ausdrucksformen geboren; allerdings machen die extrem langen Belichtungszeiten das Fotografieren von Menschen während der ersten Jahre so gut wie unmöglich. So tauchen erst um 1845 in Paris die ersten Daguerreotypien mit erotischen Darstellungen auf, die damals noch von Hand koloriert werden. Zu diesem Zeitpunkt ist der Handel mit fotografischen Aktaufnahmen gesellschaftlich nur zu künstlerischen (die Fotografie ersetzt in dieser Zeit zunehmend das lebende Aktmodell) und medizinischen Zwecken (als Studienmaterial) akzeptiert. Nichtsdestotrotz entwickelte sich ab 1870 auch die erotische Fotografie immer mehr.

Die Unterscheidung zwischen Aktfotografien für den künstlerischen Gebrauch und Erotischer Fotografie für den Privatgebrauch besteht vor allem in dem „Drumherum“: Während bei den künstlerischen Aktfotografien die Körperlichkeit im Vordergrund steht und eine karge Studioeinrichtung für die Fokussierung des Blicks sorgt, spielt die Erotische Fotografie mit Kulissen und einem entsprechenden Ambiente wie Salons, Parks oder dem Boudoir. Diese Aufnahmen, mit denen sich vor allem in Paris ein florierender Handel entwickelte, zählen nicht zum Genre der künstlerischen Aktfotografie, werden mit diesem jedoch häufig gleichgesetzt oder gar verwechselt.

Der Akt: Vom französischen Boudoir in deutsche Wohnzimmer

Die künstlerische Aktfotografie entwickelte sich stark am Vorbild der Aktmalerei und brachte mit Fotografen wie Paul Marcellin Berthier und Gaudenzio Marconi schnell ihre ersten „Profis“ hervor. In Deutschland erschließt sich die Aktfotografie insbesondere mit den reformistischen Bewegungen der 1920er Jahre neue Themenfelder: Die sogenannte „Freikörperkultur“ verbindet sich mit einem neuen Schönheits- und Körpergefühl und prägt so die Arbeiten bekannter Fotografen wie Gerhard Riebicke. Neben dem traditionellen „Vollakt“ entstehen nach und nach auch die „Detailansicht“, die den Fokus eher auf Formen und Strukturen als auf die Gesamtansicht legt, und der „Halbakt“, bei dem das Modell teilweise bekleidet oder von Objekten verdeckt ist.

Neben diesen drei Grundformen gibt es in der Aktfotografie eine ganze Reihe an Subgenres, die zum Teil mit expliziter Provokation arbeiten. Ein gutes Beispiel sind hier die Arbeiten des deutschen Fotografen Horst Werner, dessen Akte in der Regel auf Friedhöfen in Szene gesetzt sind oder Modelle mit körperlicher Behinderung zeigen. Ähnlich polarisierend sind die Arbeiten des amerikanischen Fotografen Joel-Peter Witkin, welcher sich in erster Linie Themen wie Tod, Verwesung und körperlicher Missgestaltung widmet und bei seinem Publikum Gefühle von Beklemmung bis Abscheu hervorruft. Die ebenfalls amerikanische Fotografin Nan Goldin setzt sich mit Themen wie Suizid, Kindesmissbrauch und -pornographie auseinander, während die Werke Terry Richardsons stark zwischen Kunstfotografie und Pornografie oszillieren.

Die Aktfotografie unterscheidet sich von der Pornografie und verwandten Genres vor allem in ihrem künstlerischen Anspruch: Ähnlich wie beim Portrait handelt es sich beim Akt um die hohe Schule der Fotografie, welche neben technischen Fertigkeiten auch das intuitive Spiel mit Licht und Schatten voraussetzt sowie das Vermögen, eine zugleich professionelle als auch positive Beziehung zum jeweiligen Modell aufzubauen.


Akademischer Kunststil – strenge Regeln und ästhetizistische Kunst

Es ist die letzte Bastion der mimetischen Kunst: Lange bevor die Impressionisten um Monet und Renoir die Wirklichkeit in Form und Farbe auflösen und in französischen Ateliers der Schlachtruf „L'art pour L'art“ ertönt, gilt nur das als Kunst, was einem strengen Regelwerk entspricht. Die Regelhoheit liegt bei den europäischen Kunstakademien dieser Zeit, die vom 17. bis ins 19. Jahrhundert eine Kunstrichtung prägen, die als Akademischer Kunststil bzw. Akademismus in die Kunstgeschichte eingegangen ist.

Nach unserem heutigen Verständnis lebt die Kunst in erster Line von der Freiheit ihrer Form. An Kunsthochschulen und -universitäten werden zwar unterschiedliche Kunstrichtungen gelehrt, doch die Ausbildung fungiert mehr als grundlegendes Handwerkszeug des angehenden Künstlers, der früher oder später jedoch zu einem eigenen Stil findet. So machen bereits seit dem 20. Jahrhundert vor allem jene Kunstwerke von sich reden, die sich von anderen abheben – sei es aufgrund ihres Motivs, ihrer Materialien oder der angewandten Technik. Heute gilt also das als 'schön', was durch Neuartigkeit und einen gewissen revolutionären Charakter polarisiert.

Vor dem Beginn der künstlerischen Moderne ist Kunst (weder in der Literatur noch in der Bildhauer- oder Malerei) jedoch keine Frage des persönlichen Ausdrucks und des individuellen Genies, sondern einzig und allein eine Frage strenger formaler und ästhetischer Regeln.

Die Hüter des Regelwerks: Die Kunstakademien Europas

Die Ursprünge der Akademischen Kunst liegen in Italien: Mitte des 16. Jahrhunderts entsteht in Florenz mit der „Accademia delle Artidel Disegno“ unter der Schirmherrschaft der Medici-Familie der erste Vorläufer unserer heutigen Kunsthochschulen. Das Modell dieser ersten Akademie für Malerei findet landesweit Nachahmung und setzt sich schnell auch im restlichen Europa durch. Zunächst haben nur die künstlerisch begabten Sprösslinge adliger Familien Zugang zu jenen Schulen, doch die Ausbildung bleibt nicht lange ein reines Privileg des Adels.

Die planmäßige und strenge Ausbildung junger Künstler hat damals vor allem das Ziel, die Position von Künstlern in der Gesellschaft aufzuwerten und sie somit gleichberechtigt neben andere akademische Berufsgruppen zu stellen. Erreicht wird dies, indem die Künste dank der Ausbildung gleichsam zu einer Wissenschaft erhoben werden: Die Akademien lehren Malerei und Bildhauerei nach strengen klassizistischen Regeln, die sich am Stil der klassischen griechischen und römischen Kunst orientieren. Oberstes Gebot ist hier die sogenannte „Mimesis“, also die Nachahmung der Wirklichkeit.

Dieses Postulat, das auf die „Poetik“ des griechischen Philosophen Aristoteles zurückgeht, bedeutet in der Bildenden Kunst die möglichst wirklichkeitsgetreue, d.h. weitestgehend realistische Wiedergabe des jeweiligen Motivs. Im Klassizismus, der sich um 1770 im deutschsprachigen Raum entwickelt und sich zu großen Teilen mit dem akademischen Kunststil verbindet, bedeutet „Mimesis“ zugleich auch die formale und technische Nachahmung der klassischen Kunst. Die Kunstakademien entwickeln sich innerhalb kürzester Zeit zur obersten Instanz in Sachen Kunstvermittlung und -tradierung und prägen so rund drei Jahrhunderte lang die Vorstellung dessen, was 'Schönheit' bedeutet.

'Schön' ist, was ästhetisch schön ist: Der Ästhetizismus der Akademischen Kunst

Während man heute speziell bei der Betrachtung zeitgenössischer Kunst durchaus darüber streiten kann, was schön ist und was nicht, herrschen im Akademismus nicht nur klare Vorstellungen, sondern auch strenge Vorschriften in Sachen künstlerischer Schönheit. Lange, bevor so etwas wie eine 'Ästhetik des Hässlichen' auch nur denkbar wird, gilt als 'schön' also nur das, was ästhetisch ansprechend ist. Konkret bedeutet dies die Harmonie der Form und der Gesamtkomposition: Eine Skulptur oder ein Gemälde gilt nur dann als schön, wenn es auf den Betrachter einen harmonischen und ausgeglichenen Eindruck macht.

Zu den technischen Regeln der Akademischen Kunst zählt u.a. die perfekte Umsetzung der Wirklichkeit in Farbe, Licht und Schatten, was zu Arbeiten von nahezu fotorealistischer Perfektion führt. Ebenfalls beliebt sind hier Gemälde, denen man durch ein spezielles Finish nicht mehr ansieht, dass es sich um Malerei handelt. Als im Jahre 1797 die „École des Beaux-Arts“ in Frankreich gegründet wird, die einen starken neoklassizistischen Einfluss hat, vermischen sich die Ideale des Akademismus nach und nach mit den klassizistischen Forderungen. Eine Synthese aus beiden sind beispielsweise die Arbeiten des österreichischen Malers Hans Makart.

Wirklichkeitsferne und Eklektizismus: Die Abwendung vom Akademismus

Neben den formalen und technischen Vorschriften zeichnet sich der Akademische Kunststil durch klare motivische Vorgaben aus, da nur solche Themen als „nachahmenswert“ empfunden werden, die bereits eine gewisse motivgeschichtliche Tradition haben. So entsteht mit der Zeit ein strenger Kanon von Motiven, die hauptsächlich literarisch, mythologisch und historisch motiviert sind. Alltägliches, Profanes und alles, was nicht als ästhetisch schön gilt (so zum Beispiel die Darstellung von Armut und Leid in der einfachen Bevölkerung) zählen nicht zum Repertoire des Akademischen Kunststils. Die Mimesis beschränkt sich folglich auf die rein technische Wiedergabe und mündet nicht – wie etwa im Realismus ab Mitte des 19. Jahrhunderts – in einer kritischen Auseinandersetzung mit der sozialen Wirklichkeit.

Jener akademische Idealismus ist auch der Grund dafür, dass der Kunststil ab ca. 1900 mit dem Aufkommen vornehmlich subjektiv geprägter Kunstformen wie Im- und Expressionismus zunehmend kritisch gesehen wird. Erst in den 1990er Jahren werden bestimmte Künstler wie etwa Alexandre Cabanel (Siehe Bild: „Die Geburt der Venus“, 1863) oder Anselm Feuerbach („Medea“, 1870) wiederentdeckt. Seitdem werden die Künstler des Akademismus nicht mehr vorrangig für ihren Eklektizismus verachtet, sondern erneut für ihre außerordentliche Kunstfertigkeit geschätzt.


Luftmalerei (Aeropittura) – Erlebnismalerei aus Sicht der Piloten

Geschwindigkeitsrausch in taumelnder Höhe: Die “Luftmalerei” macht dem Betrachter dauerhaft zugänglich, was normalerweise nur den Bruchteil einer Sekunde währt – der Blick des Piloten auf die Welt unter ihm. Die italienische Kunstrichtung ist Teil jener Avantgardebewegung, die ab 1900 laut den Tod der Vergangenheit verkündet und sowohl in der Literatur als auch in der Bildenden Kunst ein glorreiches neues Zeitalter heraufbeschwört: der Futurismus.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts ist der große europäische Kessel am Brodeln: Die (zu diesem Zeitpunkt noch unreflektierte) Technikeuphorie mischt sich mit der allgemeinen Kriegsbegeisterung und kulminiert in Lobgesängen auf die Zukunft, die vor allem der jungen Generation vielversprechend erscheint. In der Kunst dieser Zeit findet ein radikaler Bruch mit den traditionellen ästhetischen Normen statt und die rasante technische Entwicklung wird zum neuen Objekt der Verherrlichung. Die Vereinsamung des Individuums und die Ohnmacht des Künstlers, die für die Expressionisten noch formgebend waren, weichen zunehmend einem Allmachtsgefühl und einem Fortschrittsoptimismus, der von den meisten geteilt wird.

Im Jahre 1909 schreibt der italienische Schriftsteller Filippo Tommaso Marinetti, der als Begründer des Futurismus gilt, in seinem “Manifest” in nahezu von den Errungenschaften und der Schönheit jener 'Neuen Welt':

„Zeit und Raum sind gestern gestorben. Wir leben bereits im Absoluten, denn wir haben schon die ewige, allgegenwärtige Geschwindigkeit erschaffen.“ (Marinetti, Futuristisches Manifest)

Rund neunzehn Jahre später wird Mino Somenzi ebenfalls futuristischer Künstler, jene “allgegenwärtige Geschwindigkeit” in seinem “Aeropittura e aeroscultura“ präzisieren: In diesem ersten Manifest über Flugmalerei erläutert Somenzi das nahezu gewaltsame Erlebnis des Fluges, welches den Menschen von einer ganz neuen Warte aus fühlen lasse. Er spricht in diesem Zusammenhang von einer Art Zeitraffer, da der Geschwindigkeitsrausch den Piloten in Sekundenschnelle das erleben lasse, wozu man auf der Erde Stunden bräuchte. Initiationsgedanke der Aeropittura ist neben der reinen technischen Möglichkeit eines solchen Erlebens also vor allem die sinnliche Wahrnehmung des Piloten, welche sich im Kunstwerk widerspiegeln soll.

Erste Phase der Luftmalerei: Geschwindigkeitsrausch und Selbsterfahrung

Die neue futuristische Ästhetik bringt auch die Suche nach neuen künstlerischen Ausdrucksformen mit sich. Die Flugmalerei oder auch “Arte Sacra Futurista”, wie sie die Zeitgenossen nennen, ist in ihrem Farbspiel zwar stark vom Expressionismus beeinflusst, findet jedoch ganz neue Möglichkeiten, Perspektive darzustellen. Hierbei liegt der Fokus zum einen auf der Erlebniswelt des Piloten, der die Landschaften und schemenhaften Städte in atemberaubender Geschwindigkeit an sich vorbeiziehen sieht, zum anderen auf den Bewegungen und der Dynamik der Luftfahrzeuge selbst. Die Bandbreite der so entstehenden Werke ist groß: Von Arbeiten mit relativ wirklichkeitsnaher Perspektive bis hin zu abstrakten Darstellungen aus Form- und Farbwirbeln findet sich nahezu alles.

Zweite Phase der Luftmalerei: Kriegsverherrlichung und Propaganda

Da die Aeropittura sich hervorragend eignet, um das technische Wunder “Flugzeug” und die fliegerischen Leistungen der Piloten darzustellen, wird die neue Kunstrichtung innerhalb des faschistischen Regimes unter Mussolini (1919 bis 1945) von Anfang an stark gefördert. Marinetti forciert diese Entwicklung bereits seit der ersten Wanderausstellung, die 1931 in Rom startet und 1934 Paris erreicht. Hier werden vor allem die Südatlantikflüge des Jahres 1928 sowie die Brasilien- und Chicago-Geschwaderflüge der Jahre 1930 bis 31 dargestellt. Noch 1934 folgt eine weitere Ausstellung in Nizza und im Jahre 1937 die Weltausstellung in Paris.

Die propagandistische Vereinnahmung der Flugmalerei geht mehr und mehr zu Lasten der künstlerischen Qualität, da die entsprechenden Arbeiten schon bald nicht mehr aus einem inneren Antrieb und der reinen Technikeuphorie heraus gemalt werden, sondern mehr oder weniger als Auftragskunst entstehen. So befreit das Regime jene Künstler, die sich ausschließlich in den Dienst an Vaterland und Faschismus stellen, beispielsweise vom Wehrdienst. Auf diese Weise wird die Aeropittura nach und nach zum Sprachrohr eines faschistischen Kriegspathos stilisiert, das mit der anfänglichen Intention nur noch wenig zu tun hat. Im Jahre 1935 folgt dem ersten Manifest von Mino Somenzi die "Futuristische Ästhetik des Krieges" und im Jahre 1940 die "Flugmalerei des Bombardemments". Auch Marinetti selbst erweitert die bestehenden Schriften während der Kriegsjahre um zwei weitere Manifeste, die sich mit der Darstellung des Bombenkrieges zur See und über Land befassen. Italien ist in dieser Zeit wesentlich am deutschen Feldzug gegen die Sowjetunion und am Spanischen Bürgerkrieg unter Franco beteiligt.

Dritte Phase der Luftmalerei: Das Verschwinden der Kunstrichtung

Die Vereinnahmung durch die Kriegspropaganda führt letztlich dazu, dass die Flugmalerei als eigenständige Kunstrichtung verschwindet, noch bevor sie sich überhaupt richtig entwickelt hatte. Als die Propaganda mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs obsolet wird, verliert sich folglich auch das Interesse an der Aeropittura.


Fotograf: BriYYZ

Titel: The Logger, Fortunato Depero (Hungarian National Gallery)

Quelle: https://www.flickr.com

Zu den wichtigsten Vertretern dieser sehr kurzen künstlerischen Ausformung zählen:

Mino Somenzi

Fortunato Depero (Siehe Bild: „The Logger“)

Giacomo Balla und

Alessandro Buschetti


Expressionismus vs. Impressionismus

Fortschritt oder Armageddon? Gegen Ende des 18. Jahrhunderts spaltet die Industrielle Revolution die europäische Welt in zwei Lager: Während die einen der Technisierung und dem aufkeimenden Kapitalismus huldigen, fürchten die anderen, von dieser „neuen Welt“ restlos verschlungen zu werden. Ihren künstlerischen Niederschlag finden jene Hoffnungen und Ängste in einer radikalen Absage an die Verbindlichkeiten der Klassik. An ihre Stelle tritt die Interpretation der Wirklichkeit durch den Künstler – es ist die Geburtsstunde des individuellen Ausdrucks. Impressionismus und Expressionismus leben beide von diesem neuen „Selbstgefühl“ – doch sie tun es auf extrem unterschiedliche Art und Weise.

Der Mittelpunkt des künstlerischen Interesses um 1900: Die Großstadt

„Hier erreicht der menschliche Geist seine Vollendung und hier seine Erniedrigung; hier vollbringt die Zivilisation ihre Wunder, und hier wird der zivilisierte Mensch fast wieder zum Wilden […].“

Als der französische Historiker Alexis de Tocqueville im Zuge einer Reise durch England für kurze Zeit in London verweilt, sieht er in der damals aufstrebenden Metropole bereits 1835 das, was sich wenige Jahrzehnte später in allen europäischen Großstädten ereignen sollte. Die Konfrontation des Individuums mit einer hochtechnisierten Lebenswelt, die viel zu schnell, viel zu laut und viel zu unübersichtlich ist. Damit wird die moderne Großstadt zum Sinnbild dieser „neuen Zeit“, in der sich das aufstrebende Bürgertum immer mehr vom sogenannten „Proletariat“ abkehrt.

In der Literatur dieser Zeit bildet sich das Genre des „Großstadtromans“ heraus, welcher mittels einer spezifischen sprachlichen Montage-Technik jene „Mehrperspektivität“ von sinnlichen Eindrücken und gesellschaftlichen Diskursen abzubilden sucht. Zu den bekanntesten dieser Romane zählen heute Joyce „Ulysses“ von 1922 und Alfred Döblins „Berlin Alexanderplatz“ aus dem Jahre 1929. In der bildenden Kunst findet man zu anderen Ausdrucksformen, um dem rasanten gesellschaftlichen Wandel gerecht zu werden.

Die malenden Wegbereiter der Moderne

Das neue „Selbstgefühl“ der künstlerischen Moderne zeigt sich zunächst darin, dass die mimetische Wiedergabe der Wirklichkeit zugunsten der individuellen Aussage in den Hintergrund tritt: Der Künstler gibt nicht wieder, was er sieht, sondern er malt seine Interpretation dessen, was er sieht. Im Zuge dessen wird Stil zum Ausdruck einer individuellen Entscheidung. Die herausragenden Persönlichkeiten gegen Ende des 19. Jahrhunderts bilden mit kräftigen Farben ein neues, feines Formgefühl ab. Während Paul Cézanne noch mit den malerischen Gestaltungsmitteln experimentiert und Perspektive mittels abgestufter Farbflächen darstellt, löst der niederländische Maler Vincent van Gogh sich gänzlich von der perspektivischen Malerei (siehe Bild).

Mit Gauguin verliert die Malerei schließlich jede mimetische Funktion: Seine Südsee-Landschaften polarisieren durch unnatürliche, beinahe entstellende Farbigkeit. Ihren Anfang nimmt diese Entwicklung, die in der Folge immer extremer wird, ca. 1872, als der damals 32-jährige Claude Monet sein berühmtes Gemälde „Impression: soleil levant“ (Impression, Sonnenaufgang) schafft und damit gegen jede formale Regel der Malerei verstößt. Zeitgleich gibt er einer ganzen Generation von Künstlern ihren Namen.

Die Impressionisten oder die 'Schöne neue Welt' des Bürgertums

Die Bezeichnung „Impressionisten“ ist zunächst ein von Monets „Sonnenaufgang“ abgeleiteter Spottname, den seine Nacheiferer jedoch schnell übernehmen und fortan mit Stolz tragen. Die neue Kunstform, die sich ab 1870 zunächst in Frankreich zentriert und vom restlichen Europa lange Zeit unerreicht bleibt, spielt mit der „Faszination des Augenblicks“. Da die Malerei nicht mehr der Beschränkung unterliegt, die Wirklichkeit abbilden zu müssen, geben die Künstler sich ganz ihren subjektiven Sinneseindrücken hin und versuchen, Gegenstände optisch in Licht aufzulösen und das, was sie sehen, in Farbe und Form zu übertragen. Es geht ihnen dabei nicht mehr um den gegenständlichen Wiedererkennungswert, sondern darum, dass der Betrachter die Stimmung während des Augenblicks der Gestaltung nachvollziehen kann.

Das Ergebnis ist eine meist farbenfrohe Momentaufnahme, die mittels winzig kleiner Farbtupfer auf die Leinwand übertragen wird. Aufgrund dieser spezifischen Maltechnik entfaltet das so entstehende Gemälde seine Wirkung erst bei der Betrachtung aus einiger Entfernung. Beispielhaft für die impressionistische Technik stehen neben Monet auch Edgar Degas (siehe Bild: Zwei Tänzerinnen auf der Bühne), Edouard Manet und Pierre-Auguste Renoir.

Da man gegen Ende des 19. Jahrhunderts noch nichts von jenen Schrecken weiß, die um 1900 über Europa hereinbrechen, spiegelt der Impressionismus die ungetrübte Freude an den Errungenschaften der Industriellen Revolution. Ein häufiges Thema ist hier die blühende Metropole Paris – es wird versucht, jene 'Schöne neue Welt' so stimmungsvoll wie möglich darzustellen. Zu diesem Vorhaben gehört jedoch auch die Abkehr von allem, was keinen ästhetischen Wert im traditionellen Sinn hat: Die Impressionisten kommen in der Regel aus dem sich etablierenden Bürgertum und malen bürgerliche Motive für ein bürgerliches Publikum.

Die Expressionisten oder der Subjektivismus des Proletariats

Im Gegensatz zum Impressionismus ist die Zeit der expressionistischen Malerei, die sich in Deutschland und Frankreich etwa zwischen 1905 und 1925 konzentriert, bereits vom Ersten Weltkrieg sowie dem Zusammenbrauch des Deutschen Reiches und der Donaumonarchie geprägt. Jene katastrophalen Ereignisse sowie die Erfahrung des rasanten technischen Fortschritts in allen Bereichen lassen in den Künstlern Zweifel an der allumfassenden Wahrnehmungsfähigkeit des menschliches Auges aufkommen: Jene „neue Welt“, die die Impressionisten in einem regelrechten Farbrausch feierten, scheint den Malern ab 1900 nicht mehr auf Leinwand zu bannen zu sein. An die Stelle des idealistisch geprägten Menschenbilds des Kaiserreichs tritt so zunehmend die Darstellung des von Einsamkeit, Anonymität und Isolation bedrohten Individuums.

Auf der Suche nach neuen künstlerischen Ausdrucksmitteln setzt eine massive Abkehr von den impressionistischen Gestaltungsmethoden zugunsten des Ausdrucks im Inneren ein: Das jeweilige Motiv wird dahingehend verändert, dass es nicht mehr sich selbst darstellt, sondern die Gefühle und Empfindungen desjenigen, der es malt. Während die Künstler um Monet und Degas lediglich die formalen Regeln der Malerei auflösten, beginnen Künstler wie Ernst Ludwig Kirchner (siehe Bild: „Gelber Rückenakt“, 1909), Franz Marc und Wassily Kandinsky, über das Wesen und die Möglichkeiten der Kunst selbst zu reflektieren. Das übergeordnete Ziel ist demnach die Emanzipation des Kunstwerks von seiner illusionistischen Abbildfunktion.

Einhergehend mit einer Abwendung vom Bürgertum ist auch die Abwendung von der sogenannten „akademischen Kunst“: Man orientiert sich an primitiven Volkskünsten und baut – unter radikaler Reduktion der künstlerischen Mittel – Bilder rein aus Farbe und Form auf: In der Deformation des Gegenstandes (das ist das Motiv) liegt die 'wirkliche Welt', die nicht gesehen, sondern nur gefühlt werden kann. Die Deutung indes bleibt dem Betrachter überlassen. In Deutschland zentrieren sich die expressionistischen Künstler vor allem in zwei Gruppierungen: Der „Brücke“ mit Sitz in Berlin und dem „Blauen Reiter“ in München. In Frankreich formiert sich mit den „Peintres Maudits“ eine ähnlich gesinnte Gemeinschaft.


Druckgrafiken – Druckarten im Vergleich

Die künstlerische Druckgrafik ist ein wahres Kind der Hochrenaissance: Um 1400 zunächst aus reinem Pragmatismus entwickelt, verwenden bereits Tizian, Raffael und Michelangelo die frühen grafischen Techniken, um ihre Arbeiten zu vervielfältigen und ihren Wirkkreis zu vergrößern. In Deutschland ist es Albrecht Dürer, der den damaligen Holzschnitt perfektioniert. Seither haben sich aus dieser frühen Variante mit dem Flach-, dem Hoch-, dem Tief- und dem Siebdruck vier unterschiedliche Druckarten entwickelt, die alle ihre Besonderheiten haben.

Die Druckgrafik: Vom Gebrauchsgut zum künstlerischen Unikat

Als um 1400 die früheste grafische Technik in Mitteleuropa entwickelt wird, ist diese mitnichten für den künstlerischen Gebrauch gedacht: Der sogenannte „Einblattholzschnitt“ wird damals benötigt, um die wachsende Nachfrage nach (traditionell von Mönchshand gezeichneten) Andachtsbildern zu befriedigen, welche ein Gebrauchsgut im täglichen spirituellen Ritus darstellten. Bereits kurze Zeit später wird der Einblattholzschnitt durch den Kupferstich ergänzt, welcher – im Gegensatz zu seinem Vorgänger – nicht nur Weiß und Schwarz, sondern auch alle Schattierungen dazwischen abzubilden vermag. Aufgrund der detailreichen Darstellungsmöglichkeiten bleibt der Kupferstich bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts die bevorzugte Technik zur Buchillustration.

Wenige Jahrzehnte später werden sowohl der Holzschnitt als auch der Kupferstich mit Tizian, Raffael und Michelangelo bereits von Künstlern verwendet, für die die Druckgrafik nicht mehr nur Mittel zum Zweck, sondern eigenständige künstlerische Ausdrucksform ist. In Deutschland verhilft Albrecht Dürer der Druckgrafik zu Bekanntheit, indem er seine entsprechenden Arbeiten über den Buchhandel publiziert. Einer seiner berühmtesten Kupferstiche ist die Arbeit „Ritter, Tod und Teufel“ aus dem Jahre 1513. Noch einmal erweitert wird die grafische Technik mit der Erfindung der Radierung zu Beginn des 16. Jahrhunderts.

Bei der Radierung (siehe Bild: Satz mit 5 Farbradierungen) werden die Linien nicht mehr in mühevoller Kleinarbeit in die Druckplatte geritzt, sondern mittels chemischer Ätzung eingebrannt. Weniger präzise als der Kupferstich, gelingt es mittels der Radierung jedoch erstmals, den individuellen Zeichenstil abzubilden. Ein einheitlicher Flächenton gelingt erst mit der Erfindung der sogenannten „Schabtechnik“ zu Beginn des 17. Jahrhunderts, die rund ein Jahrhundert durch die technische Weiterentwicklung noch einmal vereinfacht wird.

Mit der Erfindung der Lithografie (dem ältesten bekannten Flachdruck) um 1803 ist die Druckgrafik beinahe bei ihrer heutigen Form angekommen. Die Lithografie leistet damals unter anderem der Verbreitung der Tagespresse entscheidenden Vorschub und sorgt so für einen schnelleren Informationsaustausch innerhalb Europas.

Der Vergleich: Vier Druckarten – vier künstlerische Ausdrucksformen

Der Begriff „Grafik“ (griechisch 'γραφική'/ 'graphiké') bedeutet so viel wie „die schreibende Kunst“ – womit bereits ihr wichtigstes Merkmal genannt ist: Sie arbeitet mit grafischen Mitteln. Genauer: mit Punkt, Linie, Fläche und Hell-Dunkel-Werten.

Bei den vier Druckarten Flach-, Hoch-, Tief- und Siebdruck kommen diese Mittel auf jeweils unterschiedliche Arten zum Einsatz:

Die Druckgrafik als künstlerisches Unikat

Bedenkt man, dass die Druckgrafik ihren Anfang als Mittel zur Vervielfältigung nahm, ist es umso erstaunlicher, dass heute jeder einzelne druckgrafische Abzug per definitionem als Original gilt. Begründet ist diese Betrachtung darin, dass die Einmaligkeit, welche für den Begriff des "Originals" unerlässlich ist, dadurch gegeben sei, dass der jeweilige Abzug Ausdruck jener Vorstellungen und künstlerischen Gedanken sei, die einzig und allein mit den technischen Möglichkeiten des Druckverfahrens überhaupt erst ausgedrückt werden könnten.


Kunstmarketing: Tipps zum Vermarkten eigener Gemälde

Aller Anfang ist schwer. Für bildende Künstler gilt dies besonders, da sie nicht nur vor der Aufgabe stehen, sich an einem stark umkämpften Markt mit eigener Dynamik zu positionieren, sondern zugleich ein Produkt anbieten, dessen Preis nicht nach objektiven Maßstäben zu bemessen ist. Wer seinen Lebensunterhalt mit der Kunst bestreiten möchte, sollte sich deshalb nicht nur sehr gut mit dem Markt auskennen, sondern zugleich die Fähigkeit der Selbstvermarktung besitzen.

Was verbindet Vincent van Gogh mit Jackson Pollock und Frida Kahlo? Richtig: Alle drei haben den kommerziellen Erfolg ihrer Arbeiten nicht mehr erlebt. Während die Pionierarbeit Pollocks ihm jedoch wenigstens den Lebensunterhalt sicherte und Frida Kahlo kurz vor ihrem Tod noch mit einer Ausstellung in ihrer Heimat Mexiko geehrt wurde, gehört van Gogh zu jenen tragischen Künstlern, die zeitlebens vom finanziellen Ruin bedroht waren. Heute erzielen seine Gemälde international Spitzenpreise. Wie van Goghs Geschichte lehren uns auch die Biographien vieler anderer Künstlerinnen und Künstler, die heute zu Rekordpreisen gehandelt werden, dass Erfolg zu Lebzeiten durchaus keine Selbstverständlichkeit ist – ganz gleich, wie „gut“ die Arbeiten auch sein mögen.

Das Problem mit der Kunst besteht darin, dass es für diese Produkte keine „natürliche“ Nachfrage (wie etwa nach Lebensmitteln oder Gebrauchsgegenständen aller Art) gibt. Künstler müssen also mehr als alle anderen Anbieter darauf aufmerksam machen, dass es sie gibt – und dass ihre Produkte für die potentielle Kundschaft einen Gegenwert darstellen, der den Kaufpreis legitimiert.

Kunst als Geschäft: Die Tücken des Marktes

Der internationale Kunsthandel gilt selbst unter Profis als recht intransparenter Markt, der mit dem „normalen“ Handel kaum zu vergleichen ist. Zwar bringt der anhaltende Trend zur Vermögensdiversifizierung dem Kunsthandel jedes Jahr Gewinne in Höhe mehrerer Milliarden US-Dollar ein, doch es handelt sich nach wie vor um ein Geschäft, bei dem vor allem die Superreichen gewinnen – weil nur die in die gewinnbringenden Kunstfonds investieren, die es sich leisten können. Laut Experten handelt es sich um eine „Mindestbeteiligung“ in Höhe von 500.000 US-Dollar. Zudem stellen Gemälde eine recht illiquide Art von Geldanlage dar, da niemand mit Gewissheit sagen kann, ob - oder wann - ein Kunstwerk einen guten Wiederverkaufswert erreicht.

Tipp 1: Nicht nur auf Kunstliebhaber setzen

Gut verdienen und wissen, dass das eigene Gemälde in einem stilvoll eingerichteten Haus über der Récamière hängt und seinen Besitzern Freude bereitet – das ist wohl der Traum eines jeden Künstlers. Ein Liebhaber ersteht Kunstwerke, weil sie ihn faszinieren. Häufig fällt die Entscheidung hier nicht aufgrund ästhetischer oder professioneller Kriterien, sondern aufgrund einer spezifischen emotionalen Verbindung zu dem Gemälde selbst: Der Kunstlieber kauft ein Bild, weil es ihm gefällt. Als junges Talent können Sie es sich jedoch nicht leisten, darauf zu warten, dass ein Gönner auf Ihre Arbeiten aufmerksam wird – zumal die Kunstliebhaber in der Regel nicht diejenigen sind, die auf dem Markt die großen Geldsummen bewegen.

Ganz anders als der Kunstliebhaber geht der Kunstinvestor vor: Für ihn spielt der Name des Künstlers sowie sein kunsthistorischer Rang und die Provenienz des Kunstwerks eine entscheidende Rolle – bestimmte Namen bedeuten Gewinn, andere nicht. Der „typische“ Investor verfügt über ausreichende finanzielle Mittel und beobachtet den Markt, indem er sich beispielsweise auf renommierten Ausstellungen über aktuelle Entwicklungen informiert. Er hat die Möglichkeit, konkrete Kunstwerke zu erwerben, die allein durch ihren Namen Erfolg versprechen – oder aber er investiert sein Kapital (ähnlich wie am Aktienmarkt) in aufstrebende und vielversprechende junge Künstler. Gerade zu Beginn der Kunstkarriere gilt es also, Investoren auf sich aufmerksam zu machen.

Tipp 2: Die Kunst der Selbstvermarktung

Kunstwerke können gefallen, faszinieren oder verstören – was sie jedoch interessant macht, ist häufig die Geschichte, die dahinter steht. Obgleich die Berufsklasse der Künstlerinnen und Künstler beruflich deutlich höher qualifiziert ist als der Durchschnittsmensch, sichern Sie sich die Aufmerksamkeit eines potentiellen Publikums nicht, indem Sie sich Ihre akademischen Abschlüsse an die Wand hängen. Stattdessen gilt es, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen und aus den eigenen Arbeiten eine Marke, einen sogenannten „Brand“ zu machen, über den gesprochen wird. Sie müssen lernen, sich selbst ebenso geschickt zu vermarkten wie Ihre Kunstwerke.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, dass Sie einen starken Geschäftspartner haben. Immerhin nützt es Ihnen nichts, wenn zwar alle über Ihre Gemälde sprechen, diese aber nirgendwo zu sehen und vor allem zu kaufen sind. Sie sollten sich also auf die Suche nach einer passenden Galerie machen, die Sie ins Repertoire aufnimmt und regelmäßig Ausstellungen organisiert. Unsere Galerie Zimmermann & Heitmann nimmt regelmäßig neue Künstler und Künstlerinnen auf und macht deren Arbeiten so einem breiteren Publikum zugänglich (siehe: Unser Künstlerverzeichnis)

Tipp 3: Vergrößern Sie Ihre Reichweite durch Social Media-Marketing

Regelmäßige Ausstellungen in unterschiedlichen Galerien und Erwähnungen in Fachkatalogen sind ein guter Anfang – doch die breite Masse erreichen Sie nur über das World Wide Web: Das Online-Marketing bietet eine maximale Reichweite bei minimalem Kostenaufwand. Dabei ist es natürlich nicht ausreichend, dass Sie sich selbst und Ihre Arbeiten über eine entsprechende Website präsentieren – denn wenn niemand diese Website anschaut, ist Ihnen nicht geholfen. Stattdessen sollten Sie versuchen, sich selbst und Ihre Gemälde zum Gesprächsthema im Netz zu machen.

Am besten gelingt dies über die wichtigsten Social-Media-Kanäle, zu denen heute vor allem soziale Plattformen wie Facebook und Youtube zählen. Über diese Kanäle können Sie Inhalte verbreiten, die zwar Ihre Gemälde bewerben, dies jedoch möglichst unauffällig tun. Je mehr Mehrwert Sie bieten, desto eher werden potentielle Kunden sich über Ihre Inhalte austauschen und so Ihre Reichweite erhöhen. Eine weitere Möglichkeit wäre auch das Erstellen kostenloser Beiträge mit dem Schwerpunkt "Kunst" für die Online-Ausgaben von Fachzeitschriften oder auch für Fachportale und Blogs. In diesen Texten können Sie Ihre eigenen Produkte erwähnen. Ebenso effektiv kann die Teilnahme an entsprechenden Fachforen sein, auf denen Sie andere Beiträge kommentieren und damit auf Ihre eigenen Kompetenzen aufmerksam machen.


Die documenta – Ausstellungen Zeitgenössischer Kunst

Vor genau siebzig Jahren fand vom 15. Juli bis zum 18. September die erste documenta unter der Leitung des Kunsterziehers und Designers Arnold Bode im Kasseler Fridericianum statt. Seither hat sich die Schau, die im Jahre 1955 bereits rund 130.000 Besucher anzog, zur bedeutendsten Ausstellung Zeitgenössischer Kunst entwickelt und wird alle fünf Jahre an verschiedenen Ausstellungsorten im Stadtgebiet Kassel veranstaltet. Die 14. documenta ist für das Jahr 2017 im Zeitraum vom 14. April bis zum 17. September geplant.

Im Jahre 1961 entstand zusätzlich zur Ausstellung das documenta Archiv, in dem sich neben einer Spezialbibliothek der Gegenwartskunst auch die vollständigen Aufzeichnungen der documenta-Organisation befinden. Darüber hinaus verfügt das Archiv über eine Videothek mit ausführlichen Dokumentationen aller Ausstellungen und Aktionen, die bisher im Rahmen der documenta durchgeführt wurden, sowie Künstlerporträts des 20. und des 21. Jahrhunderts.

Interessanterweise setzt sich der Großteil der documenta-Besucher aus sogenannten „Stammbesuchern“ zusammen, die der Ausstellung bereits seit Jahren treu sind. Rund ein Drittel aller Besucherreist sogar aus dem Ausland an, wo die documenta des jeweiligen Jahres stets mit entsprechenden Außenstellen vertreten ist. Die Außenstellen der documenta 2012 befanden sich in Afghanistan, Kanada und Ägypten.

Die documenta – Kunst & Denkanstöße seit 1955

Als die documenta im Jahre 1955 eröffnet wird, findet sie begleitend zur Bundesgartenschau in der Rohbaukulisse des Museums Fridericianum statt, welches während der Kampfhandlungen im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt worden war. Gemeinsam mit dem Kunsthistoriker Werner Haftmann gibt der Initiator des Ganzen, Arnold Bode, hier all jenen künstlerischen Entwicklungen eine Stimme, die sich bereits seit dem frühen 20. Jahrhundert formierten, während der NS-Zeit jedoch nicht aufblühen konnten. Im weitesten Sinne liegt der Fokus jener ersten documenta auf der sogenannten „Entarteten Kunst“ und im engeren Sinne auf der abstrakten Kunst, insbesondere der Malerei, der 1920er und 1930er Jahre.

Jenen Gerechtigkeits- und Gleichheitsgedanken hat die Veranstaltung seither nicht verloren, denn die documenta ist bis zum heutigen Tage vor allem eines: Ein Ort für die Kunst, die uns heute bewegt. So zeigt sie in regelmäßigen Abständen aktuelle Entwicklungen der zeitgenössischen bzw. der modernen Kunst auf und regt damit auch immer wieder zu Diskussionen und zu der gesellschaftspolitischen Auseinandersetzung mit Kunst und Kultur an.

Während der 13 bislang stattgefundenen documenta-Ausstellungen war die Stadt Kassel Gastgeberin für zahlreiche internationale Künstler und Künstlerinnen, die ihre Werke im Fridericianum selbst oder an einem der anderen Veranstaltungsorte im Stadtgebiet vorstellen konnten. Neben den Innenraumkunstwerken sind seit jeher aber auch Installationen und Projektkunst unter freiem Himmel Bestandteil der documenta. Traditionell werden diese auf dem Platz vor dem Fridericianum, dem Friedrichsplatz, sowie in der Parkanlage Karlsaue ausgestellt.

Auf neuen Wegen: Die documenta 2017

Das Jahr 2017 bringt für das „Museum der 100 Tage“, wie das Kasseler Event auch genannt wird, eine große Veränderung mit sich. Entgegen der zentralistischen Organisation der documenta in den vergangenen siebzig Jahren, wird es auf der 14. Ausstellung Zeitgenössischer Kunst neben Kassel einen zweiten Schauplatz geben: die griechische Hauptstadt Athen. Beide Städte werden sowohl bei der Planung, als auch bei der Organisation absolut gleichberechtigt sein, was die documenta erstmalig nicht nur zur Gastgeberin, sondern in gewisser Weise selbst zum Gast macht.

Diese neue „Doppelstruktur“ ist nach Angaben der Organisatoren aus der aktuellen gesellschaftlichen und politischen Situation in Europa geboren und setze ein klares Zeichen gegen Nationalsozialismus und Rechtsextremismus. Einmal mehr wird die documenta also zeigen, dass Kunst Brücken schlagen kann – und Brücken schlagen muss. Als Ergebnis einer Reflektion und Deutung der sozialen Wirklichkeit, könne die Kunst sich dem gesellschaftlichen Wandel keineswegs entziehen, sondern müsse Position beziehen – und dies müsse auch in der Organisationsstruktur der Ausstellung spürbar werden. Darüber hinaus stellt die Doppelstruktur Kassel-Athen die traditionelle Vorstellung von der notwendigen Einheit von Handlung, Zeit und Ort in Frage: Geplant ist, dass die Ausstellung am 14. April in Athen und am 10. Juni in Kassel eröffnet wird.

Dass die Wahl auf Athen fiel, ist natürlich ebenfalls kein Zufall: Athen stelle momentan mit seiner desaströsen wirtschaftlichen und komplizierten politisch-gesellschaftlichen Situation einen ähnlich schwierigen Standort dar, wie Kassel nach dem Zweiten Weltkrieg. Die griechische Hauptstadt polarisiert als eine Art Brennglas für die Schwierigkeiten, die nicht nur Europa, sondern die ganze Welt betreffen. Die documenta will 2017 Möglichkeiten aufzeigen, die Situation nicht nur als Krise, sondern als Chance zu sehen – als Chance, auch aus einer vermeintlichen Nichthandlungsposition heraus etwas zu bewegen

Quelle:

https://www.documenta.de/


Grundregeln der Ölmalerei – Bildaufbau und Farbgebung

Was haben der "Seerosenteich", "Guernica" und die "Mona Lisa" gemeinsam? Richtig: Obgleich alle drei Gemälde weltberühmt sind, sieht man ihnen auf den ersten Blick durchaus nicht an, wie viel Planung in ihnen steckt. Tatsächlich jedoch sind auch mit Monet, Picasso und Da Vinci keine Meister vom Himmel gefallen – und so haben auch die berühmtesten Bilder der Kunstgeschichte ihren Ursprung in etwas ganz Alltäglichem: in einer Idee. Und der Idee folgt in aller Regel eine Menge planmäßiger Vorarbeit.

Ölmalerei ist vor allem eines: ein Handwerk. Und wie in jedem anderen Handwerk, ist auch hier Talent allein nicht ausreichend, um zu wirklicher Meisterschaft zu gelangen. Neben viel Übung erfordert die Ölmalerei also auch ein gewisses Maß an Geduld – denn es dauert eine Weile, bis sich das Gespür für Perspektive und farbliches Zusammenspiel entwickelt. Wenn es Ihnen darum geht, die Kunstmalerei zu erlernen, sollten Sie sich also zunächst mit den Grundregeln von Bildaufbau und Farbgebung vertraut machen.

Zu diesem Zweck beginnen Sie am besten mit mimetischer, das heißt wirklichkeitsnaher Wiedergabe von Motiven. Die "Demoiselles d'Avignon“ mögen nämlich vielleicht interessanter sein als Manets „Frühstück im Grünen“ – doch wer abstrahieren will, muss zunächst die Wirklichkeit malen lernen. Und selbst Picasso (seine Werke erhalten Sie bei uns in der Galerie) hat lange Zeit Perspektive und Bildaufbau anhand der Alten Meister studiert, bevor er mit den "Desmoiselles" seine kubistische Phase begründete.

Eine Frage der Perspektive – von der weißen Leinwand zum tiefen Raum

Wer im Museum vor einem großformatigen Ölgemälde steht, auf dem sich plastisch und detailreich ein Feldweg zwischen Zaubernuss und Silberpappel hindurchschlängelt, vermag sich nur sehr schwer vorzustellen, dass auch dieser Feldweg einmal als Skizze begonnen hat. Und selbst vor der Skizze liegen noch diverse Arbeitsschritte. Zunächst sind da nur die weiße Leinwand und die Idee im Künstlerkopf. Um nach und nach die Idee auf die Leinwand übertragen zu können, muss diese in Abschnitte unterteilt werden – Sie beginnen also mit der "Komposition" Ihres Bildes.

Grundsätzlich erfolgt eine Gliederung der materiellen Fläche (das ist die gesamte Fläche, die zum Bearbeiten zur Verfügung steht) in minimal vier Ebenen, wodurch dem Bild Tiefe und Plastizität verliehen werden.

Diese vier Ebenen bestehen aus dem Hintergrund, dem hinteren Mittelgrund, dem vorderen Mittelgrund und dem Vordergrund. Im Falle des "Frühstücks im Grünen" von Édouard Manet (Bild hier) sähe diese Gliederung folgendermaßen aus:

Wichtig ist bei dieser Komposition, dass die dargestellten Gegenstände und Personen von Ebene zu Ebene proportional kleiner werden – so sind im vorderen Mittelgrund beispielsweise Baumstämme von Nahem zu sehen, während weiter hinten ganze Bäume sichtbar werden, die jedoch bereits mit dem Hintergrund verschwimmen. Je nach Motiv können Sie sich für den Bildaufbau natürlich auch an weniger oder mehr als den traditionellen vier Ebenen orientieren. Für die "Spannung" in einem Bild sorgen neben den Bildebenen vor allem die Kompositionslinien, welche waagerecht, senkrecht und diagonal verlaufen.

Als waagerechte Kompositionslinie bietet sich der Horizont an – im Falle Manets wäre dies der Punkt, an dem der Waldweg in den Himmel übergeht. Als senkrechte Kompositionslinien könnten Sie die Stämme der Bäume wählen. Der nach hinten hin schmaler werdende Waldweg bildet zwei diagonale Kompositionslinien, die in diesem Bild jedoch recht schwach ausgeführt sind. Spannendere Kompositionen entstehen beispielsweise, wenn Sie einen Fluss in der linken unteren Bildecke beginnen und ihn sich bis in die obere rechte Bildecke schlängeln lassen. Wie Sie Ihre einzelnen Motive anordnen, bleibt letzten Endes jedoch Ihnen überlassen.

Farbe bekennen – Schicht für Schicht zum vollendeten Motiv

Während Gliederungsebenen und Kompositionslinien Ihrem Bildaufbau die Perspektive verleihen, können Sie die für Ölgemälde typische Plastizität nur mithilfe des Farbauftrags erreichen. Und auch hier ist wieder Geduld gefragt, da Ölbilder Schicht für Schicht aufgebaut werden und die Farbe zwischen den einzelnen Malgängen wenigstens antrocknen sollte. Die Farbgebung ist abhängig von Ihrer Wahl der konkreten Farbtöne, dem jeweiligen Tonwert und dem Zusammenspiel von Raum und Fläche. Ihre Farben wählen Sie in erster Linie danach aus, welche Stimmung Sie in und mit Ihrem Bild erzeugen möchten.

Im Falle des "Frühstück[s] im Grünen" handelt es sich um überwiegend dunkle und zum Teil auch kalte Töne, die sich zum Horizont hin jedoch aufhellen. Nichtsdestotrotz entsteht durch die dunkle Farbgebung der Waldlichtung ein seltsamer Missklang mit dem an sich fröhlichen Motiv des morgendlichen Frühstücks, der in diesem Fall jedoch beabsichtigt ist. Für die Auswahl Ihrer Farben orientieren Sie sich idealerweise am sogenannten "Farbkreis", der sich aus den drei Grundfarben Gelb, Blau und Rot, sowie ihren jeweiligen Komplementärfarben zusammensetzt. Erfahrene Maler benötigen neben Weiß lediglich die Grundfarben, aus denen sie jeden beliebigen Farbton mischen können – wenn Sie jedoch noch am Beginn stehen, sollten Sie auch die Komplementärfarben Violett, Orange und Grün zur Hand haben.

Das Ölbild wird traditionell aus dem Hintergrund heraus aufgebaut. Das bedeutet, dass Sie den ersten Farbauftrag, welcher mehrheitlich aus den Grundfarben bestehen sollte, in einem mittleren Tonwert (weder hell noch dunkel) vornehmen. Sind die Farbflächen erst einmal angelegt, wird der Auftrag von Schicht zu Schicht detaillierter (das heißt, Sie können nach und nach mit immer mehr unterschiedlichen Farbtönen arbeiten). Je weiter Sie sich zum Bildvordergrund vorarbeiten, desto intensiver können Sie nun auch mit Hell-Dunkel-Werten arbeiten. Im letzten Farbauftrag werden die finalen hellen und dunklen Akzente gesetzt, die Ihrem Bild die notwendige Tiefe und Plastizität verleihen.