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Exemplare in der Auflagenkunst: Abkürzungen und ihre Bedeutungen

Die Kunst ist eine Welt, die nach eigenen Gesetzen funktioniert, eigene Regeln macht und eine eigene Sprache verwendet. Während Kunstschaffende und mit Kunst Handelnde diesen 'Code' beherrschen, steht der Laie häufig wie der sprichwörtliche Ochs vorm Berge. Insbesondere in der sog. "Auflagenkunst", d.h. in jenen künstlerischen Disziplinen, in denen die Objekte vervielfältigt werden, kursieren eine Menge Abkürzungen, die dem Wissenden den Handel erleichtern, während sie den Unwissenden in heillose Verwirrung stürzen. Wir von Zimmermann & Heitmann erklären Ihnen die wichtigsten Abkürzungen.

Limitierte Kunst: Die 'Auflage'

Bei Gemälden ist es ganz einfach: Es gibt immer ein unikates Original und eine Vielzahl von (Kunst)drucken, die jeweils zu einem deutlich geringeren Preis verkauft werden als das eine Unikat. Bei jenen Kunstrichtungen, bei denen die Vervielfältigung Teil des Kunstwerks ist, ist die Sache jedoch ein wenig komplizierter: So gilt beispielsweise bei der Druckgrafik und der Fotografie jeder einzelne Druck bzw. jeder einzelne Abzug, der im Laufe des Produktionsprozesses entsteht, als eigenständiges Kunstwerk. Gleiches gilt für das Künstlerbuch, das Multiple und (mit Einschränkungen) das Objekt und die Skulptur. Die Gesamtanzahl der Einzelexemplare wird dabei als "Auflage" bezeichnet. Wie hoch die Auflage pro Fertigungsprozess jeweils ist, bestimmt einzig und allein der Künstler selbst – sofern er seine Rechte nicht an Dritte abtritt.

Zur besseren Übersicht wird die Gesamtauflage durchnummeriert. In der Regel werden hierfür arabische Ziffern verwendet, die in Form eines Bruchs die exakte Position des jeweiligen Exemplars in der Gesamtproduktion angeben. So handelt es sich bei Exemplar 13/230 beispielsweise um den 13. Druck einer Gesamtauflage von 230 Exemplaren. Eine Überschreitung der festgelegten Auflagenhöhe ist gesetzlich verboten. Sie kann jedoch umgangen werden, indem (wiederum in Absprache mit dem Künstler) ein sog. "Nach- oder Spätdruck" vereinbart wird, dessen Stückzahl jedoch wiederum vorab festgelegt wird und der als Reproduktion des originalen Drucks in dem Ruf steht, nur mehr von geringem künstlerischen Wert zu sein. Diese strenge Reglementierung dient sowohl dem Schutz des Künstlers als auch des Sammlers vor unbefugter Vervielfältigung des jeweiligen Objekts oder Kunstdrucks.

Neben dieser (für den Markt bestimmten) Auflage werden häufig auch weitere Exemplare gefertigt, die mit einem ominösen Kürzel versehen sind, das den Eingeweihten des 'Kunst-Codes' verrät, für welchen Zweck sie vorgesehen sind. Die Gesamtauflage und die zusätzlichen Einzelexemplare bilden gemeinsam die "Edition" eines Kunstwerks. In der Regel befinden sich rund 10 bis 15% einer Edition außerhalb des Handels, d.h. sie werden entweder an den Künstler selbst oder/ und den Verleger gegeben.

Vom 'Printer's-' bis zum 'Artist Proof': Abkürzungen und ihre Bedeutungen

p.p. = Printer's proof

Die Abkürzung "p.p." ist vor allem im Bereich der Druckgrafik gebräuchlich und bezeichnet eine gewisse Anzahl von Exemplaren, die der jeweilige Drucker und/ oder Verleger als Beleg für seine Arbeit erhält. Diese Exemplare werden in der Regel als Archivexemplare oder auch zu Werbezwecken verwendet, indem sie potentiellen Auftraggebern zur Probe vorgeführt werden.

E.A. = Epreuve d'Artiste

Die Abkürzung "E.A." ist ebenfalls vor allem im Bereich der Druckgrafik gebräuchlich und bezeichnet Proben für den Künstler ('Künstlerabzug'), die bereits der gewünschten Bild- und Farbqualität entsprechen. Die 'Proben für den Künstler' zeigen diesem, wie die Einzelexemplare der Gesamtauflage letzten Endes aussehen werden. Manche Künstler nummerieren auch diese Exemplare zur besseren Übersicht. Damit sie jedoch nicht mit der 'Auflage' verwechselt werden, erfolgt die Nummerierung hier in römischen Ziffern. So ist das Exemplar E.H. III/X das dritte von insgesamt zehn Exemplaren, die dem Künstler als Vorab-Druck zur Probe überreicht wurden.

Viele Künstler verleihen ihre Vorab-Exemplare auch an Museen oder organisieren eigene Ausstellungen, auf denen sie vorgeführt werden. Da es sich bei den 'Epreuves d'Artiste' um eine sehr frühe und daher "ursprünglichere" Version der Grafik handelt, sind sie bei Sammlern besonders beliebt.

Neben der Abkürzung "E.A." sind auch die Kürzel "a.p" ('Artist proof') und "p.a." ('Prova d'artista') gebräuchlich – je nach Landessprache.

H.C. = Hors de commerce

Die Abkürzung "H.C." wird häufig synonym mit dem Kürzel "E.A." verwendet und bezeichnet die Gesamtheit der Exemplare, die sich 'außerhalb des Handels' befinden. Das heißt, als 'Hors de commerce' gelten sowohl die Exemplare für den Künstler als auch jene für den Drucker und/ oder den Verleger. Welches der Kürzel verwendet wird, hängt häufig von der jeweiligen Landessprache und den gängigen Gepflogenheit des jeweiligen Verlags ab.

Quelle: https://www.zimmermann-heitmann.de/wissenswertes