Das offizielle Kunstmagazin für Kunstliebhaber

Ob Informationen zu Künstlern, aktuellen Ausstellungen, zur Kunstszene, Malerei oder auch interessante Inhalte über Kunstrichtungen, Maltechniken & Co. – in unserem Kunstblog finden Sie alles Wissenswerte im Bereich der zeitgenössischen sowie modernen Kunst.

Akkumulation in der Kunst: Gestaltungsprinzip der Objektkunst

"Es ist alt, ich brauche ein neues!" Die Wegwerf-Mentalität der Konsumgesellschaft ist in unserer Zeit bereits zum Topos verkommen. Während wir die 1,3 Milliarden Tonnen Müll, die Europa jährlich erzeugt, mit Augenzwinkern und Schulterzucken betrachten, sind die Anfänge dieser Entwicklung in den 1960er und 70er Jahren jedoch extrem kritisch beobachtet worden. Ihren künstlerischen Niederschlag findet diese Kritik in den avantgardistischen Bewegungen, die in dieser Zeit immer mehr zur Sozialkritik avancieren und mit der "Akkumulation" ein Gestaltungsprinzip der Objektkunst prägen, das die moderne Wegwerf-Gesellschaft zugleich ironisiert und kritisch hinterfragt.

Objektkunst – Alltagsgegenstände, die den Alltag hinterfragen

Nachdem Kubismus, Dadaismus und Surrealismus bereits jede Mimesis aus der Kunst verabschiedet und mit den traditionellen Gestaltungsmitteln gebrochen hatten, schockiert und polarisiert der amerikanisch-französische Künstler Marcel Duchamp im Jahre 1913 mit dem ersten sog. "Ready-made" (franz. 'Objet trouvé'): Einem Fahrrad-Rad, das zuvor keiner künstlerischen Bearbeitung unterzogen worden war, sondern vom Künstler schlichtweg "vorgefunden" und als Kunst deklariert wurde.

Aus dieser frühen Integration von Alltagsgegenständen in den künstlerischen Reflexionsprozess entwickelt sich nach und nach die Objektkunst, die ebenfalls mit Alltags- und Nutzgegenständen arbeitet, die unverändert oder zum Teil auch ästhetisch verfremdet zu Kunstobjekten erklärt und (zunächst) einzeln ausgestellt werden. Ein frühes bekanntes Beispiel ist der "Stierschädel" von Pablo Picasso aus dem Jahre 1942.

Während die Objektkünstler in ihrer frühen Phase noch mit einzelnen Fundstücken und Objekten arbeiten, entwickelt sich später das Prinzip der "Assemblage", bei welchem mehrere Objekte kombiniert ausgestellt werden. In den 1960er Jahren schließlich erreicht die Bewegung ihre monumentalsten Ausgestaltungen, indem ganze Räume und Gebäude (von den Künstlern "Environments" genannt) (um)gestaltet werden. Neben den berühmten Rauminstallationen von Joseph Beuys und den verhüllten Bauten Christos schafft auch der schweizerische Künstler Jean Tinguely beeindruckende Objekte, die vor allem die Rolle der Technik im Alltag hinterfragen. Seine funktionalen Maschinenplastiken finden sich häufig in Kombination mit den bunten Figuren seiner Lebensgefährtin Niki de Saint Phalle. Ein gemeinsames Projekt ist beispielsweise der "Stravinski-Brunnen" in Paris.

Akkumulation – ein Haufen 'Müll' im Glaskasten

Während die Objektkunst Alltags- und Nutzgegenstände auf ihre ästhetische Qualität hin befragt und somit zugleich die Frage stellt, was die Kunst eigentlich zur Kunst macht und ob sie bestimmten Regeln zu folgen und gewisse Kriterien zu erfüllen hat, ist der Ansatz des akkumulativen Gestaltungsprinzips deutlich praktischer – und deutlich plakativer. Der Namensgeber der Bewegung, der französische Künstler setzt nicht am Anfang des Konsumkreislaufs an, wie viele seiner Kollegen, sondern am Ende: Seit den 1950er Jahren sammelt Arman weggeworfene Gegenstände, die er 1960 erstmals ausstellt, indem er die Galerie „Iris Clert“ in Paris bis unter die Decke mit dem Unrat anfüllen lässt. Die ersten Publikumsreaktionen fallen damals entsprechend heftig aus und es geht eine Welle der Empörung durch Paris.

In diese Zeit fallen auch Armans erste „Akkumulationen“, für die er eine variierende Anzahl gleichartiger Nutzgegenstände im wahrsten Sinne des Wortes „anhäuft“ (lat. accumulo = 'anhäufen') und in Plexiglashüllen oder Glaskästen ausstellt. Ein frühes Bild ist die „Accumulation des Brocs“ (Anhäufung von Kannen) aus dem Jahre 1961 mit 30 Kannen. Durch dieses Arrangement wird der Alltagsgegenstand nicht nur seiner primären Funktion entkleidet, indem er zum Kunstobjekt wird, sondern der Betrachter wird zugleich auf die individuellen Eigenschaften der – an und für sich – identischen Gegenstände aufmerksam gemacht. Auf diese Weise verleiht Arman jenen Gegenständen, die normalerweise als „Müll“ am Ende des Zivilisationsprozesses stehen, ästhetischen Wert und macht darüber hinaus deutlich, wie sehr jedes einzelne Glied der Gesellschaft vom Konsum okkupiert ist.

Doch nicht nur Arman arbeitet im Paris der 1960er Jahre mit der Akkumulation – sie ist auch festes Gestaltungsprinzip des „Nouveau Réalisme“ ('Neuer Realismus'), wie er im Oktober 1960 durch eine kleine Künstlergruppe um Arman, Yves Klein und den französischen Kunstkritiker Pierre Restany ins Leben gerufen wird. Ziel des Neuen Realismus, der auch Verbindungen zur Düsseldorfer Künstlergruppe „ZERO“ um Heinz Mack und Günther Uecker unterhält, ist eine „Sprengung“ der traditionellen Wertehierarchie in der Bildenden Kunst.

Yves Klein - Anthropometrie

Durch die Integration von Technik und neuartigen Materialien soll die tägliche Realität, der Alltag der 'Neuen Zeit' abgebildet werden. Ein wichtiger Aspekt der programmatischen Bewegung ist hierbei die 'Ästhetik des Hässlichen'. Neben Arman und Yves Klein (siehe Bild: Anthropometrie) gehören auch Daniel Spoerri, Schöpfer der sog. „Eat Art“, Jean Tinguely und (später) Niki de Saint Phalle zu den Nouveau Réalistes.


Postimpressionismus – Kunststile und Künstler auf dem Weg in die Moderne

Alle schauen auf Paris: Während man im restlichen Europa noch immer den Tod der Geschichte verkündet und die Wirklichkeit in Form und Farbe auflöst, etablieren sich in Frankreich zwischen 1880 und 1905 schon wieder neue künstlerische Formen, die den Impressionismus zum Teil weiterentwickeln, sich zum Teil aber auch bewusst von ihm abgrenzen. Die Stile, die in dieser Zeit entstehen, werden unter dem Begriff "Post-, Nach- oder Spätimpressionismus" zusammengefasst, da sie alle in Abhängigkeit von der durch Claude Monet geprägten impressionistischen Malweise entstehen.

Während der Spätimpressionismus (häufig auch als Neoimpressionismus bezeichnet) sich in starker Abhängigkeit zur impressionistischen Malerei entwickelt und deren Techniken, beispielsweise durch den von Georges Seurat geprägten Pointillismus, lediglich weiterentwickelt, zeichnet sich der Post- bzw. Nachimpressionismus vor allem durch die dezidierte Überwindung des impressionistischen Dogmas aus, ohne jedoch seinerseits zu einem homogenen ästhetischen Stil zu finden. Zu den Künstlern, die die Überwindung des Impressionismus in Gang setzen und dadurch den entscheidenden Schritt in die künstlerische 'Moderne' wagen, zählen u.a.:

Vincent van Gogh,

Paul Cézanne und

Paul Gauguin.

In den Spuren des Impressionismus: Der Pointillismus (Divisionismus)

Während sich die impressionistische Malweise betont subjektiven Sinneseindrücken hingibt und versucht, Objekte in Licht aufzulösen und mit Farbe auf die Leinwand zu übertragen, geht der Spätimpressionismus noch darüber hinaus, indem er die "Aufspaltung" der Farbpalette bewusst steigert. Exemplarisch für diese Technik steht der französische Maler Georges Seurat, welcher die Farben ungemischt als winzig kleine "Tupfer" auf die Leinwand aufbringt und auf diese Weise Perspektive und Tiefe durch reinen Farbauftrag entstehen lässt. Ein bekanntes Beispiel dieses "Pointillismus" (auch "Divisionismus" genannt) ist das Bild „Sonntag Nachmittag“ auf der Grande Jatte um 1885. Ein weiterer Vertreter des Pointillismus ist Paul Signac, der später und gemeinsam mit Camille Pissarro auch politisch aktiv wird.

Wie schon die ersten impressionistischen Künstler wenden sich auch die Vertreter der spät- und nachimpressionistischen Strömungen dezidiert gegen die recht strenge und reaktionäre Kunstauffassung in Paris um 1900, welche 'Kunst' und Kultur generell zentralistisch zu organisieren sucht. Die Wertmaßstäbe werden in dieser Zeit hauptsächlich durch die "Académie des Beaux-Arts" festgelegt, welche einen strengen akademischen Kunststil fordert und Ausstellungen in der Regel auf den "Salon de Paris" im Louvre eingrenzt.

Ein Künstler, der in besonderem Maße gegen das strikte Regelwerk des Pariser "Salons" aufbegehrt, ist Paul Cézanne: Zu Beginn noch stark impressionistisch geprägt, abstrahiert er seine Motive immer mehr zugunsten von klaren und reinen farblichen Strukturen. Als einer der ersten begreift Cézanne die Leinwand als eine "Welt mit eigenen Gesetzen", die nicht von der Gesellschaft usurpiert werden dürfe. Aus dieser Überzeugung heraus formiert sich 1884 mit der "Société des artistesindepéndants" eine Gesellschaft unabhängiger Künstler, die sich bewusst gegen den akademischen Kunststil stellt.

Auf neuen Wegen: Cloisonismus, Synthetismus und expressive Kunst

Während Seurat, Signac und Cézanne die impressionistischen Techniken weiterentwickeln, grenzen sich Künstler wie Vincent van Gogh und Paul Gauguin bewusst davon ab, da der Impressionismus ihnen zu "bürgerlich" und zu ästhetizistisch ist. Van Gogh übernimmt das impressionistische Farbspiel, geht jedoch zu einer deutlich expressiveren Darstellungsweise über, indem er die eigenen Emotionen über das Motiv stellt. So entstehen Werke von teils bedrückender Intensität mit charakteristischem Van Gogh'schen Pinselstrich wie z.B. "Kornfeld mit Krähen" aus dem Jahre 1890, das es auch bei uns in der Galerie zu entdecken gibt.

Edvard Munch – der Schrei

Um 1886 findet sich mit der "Schule von Pont-Aven", einer Gemeinde im Westen von Frankreich, eine Reihe von Künstlern zusammen, die den sog. "Synthetismus" als Gegenentwurf zu Impressionismus und Pointillismus entwickeln. Ziel der Gruppe um Paul Gauguin ist es, die Wirklichkeit mit den eigenen Emotionen und ästhetischem Regelwerk zu verbinden und die "Synthese" dieser drei Gesichtspunkte aus der Erinnerung heraus auf die Leinwand zu bringen. Ein weiterer Stil, der hier geprägt wird, ist der sog. "Cloisonismus", der eine Abstraktion von Perspektive, Farbspiel und Detailreichtum mit sich bringt. Der Cloisonismus ist auch der Volkskunst insofern verwandt, als dass er mit starker Konturierung der Flächen und extremen Hell-Dunkel-Werten arbeitet. In seiner Reduktion auf elementare Formen ist der Cloisonismus als eine Art Vorläufer des Kubismus zu verstehen.

Paul Gauguin selbst versteht seine Arbeit als eine Verbindung von Synthetismus und Cloisonismus und bezeichnet sie als "symbolisch". Mit dem "Symbolismus" beginnt ebenfalls um 1880 eine Stilrichtung, die sich nicht mehrheitlich auf Frankreich beschränkt, sondern Vertreter in ganz Europa findet. Eines der berühmtesten Beispiele ist hier "Der Schrei" des norwegischen Malers Edvard Munch aus dem Jahre 1893, was auch bei uns in der Galerie erhältlich ist (siehe Bild).


Exemplare in der Auflagenkunst: Abkürzungen und ihre Bedeutungen

Die Kunst ist eine Welt, die nach eigenen Gesetzen funktioniert, eigene Regeln macht und eine eigene Sprache verwendet. Während Kunstschaffende und mit Kunst Handelnde diesen 'Code' beherrschen, steht der Laie häufig wie der sprichwörtliche Ochs vorm Berge. Insbesondere in der sog. "Auflagenkunst", d.h. in jenen künstlerischen Disziplinen, in denen die Objekte vervielfältigt werden, kursieren eine Menge Abkürzungen, die dem Wissenden den Handel erleichtern, während sie den Unwissenden in heillose Verwirrung stürzen. Wir von Zimmermann & Heitmann erklären Ihnen die wichtigsten Abkürzungen.

Limitierte Kunst: Die 'Auflage'

Bei Gemälden ist es ganz einfach: Es gibt immer ein unikates Original und eine Vielzahl von (Kunst)drucken, die jeweils zu einem deutlich geringeren Preis verkauft werden als das eine Unikat. Bei jenen Kunstrichtungen, bei denen die Vervielfältigung Teil des Kunstwerks ist, ist die Sache jedoch ein wenig komplizierter: So gilt beispielsweise bei der Druckgrafik und der Fotografie jeder einzelne Druck bzw. jeder einzelne Abzug, der im Laufe des Produktionsprozesses entsteht, als eigenständiges Kunstwerk. Gleiches gilt für das Künstlerbuch, das Multiple und (mit Einschränkungen) das Objekt und die Skulptur. Die Gesamtanzahl der Einzelexemplare wird dabei als "Auflage" bezeichnet. Wie hoch die Auflage pro Fertigungsprozess jeweils ist, bestimmt einzig und allein der Künstler selbst – sofern er seine Rechte nicht an Dritte abtritt.

Zur besseren Übersicht wird die Gesamtauflage durchnummeriert. In der Regel werden hierfür arabische Ziffern verwendet, die in Form eines Bruchs die exakte Position des jeweiligen Exemplars in der Gesamtproduktion angeben. So handelt es sich bei Exemplar 13/230 beispielsweise um den 13. Druck einer Gesamtauflage von 230 Exemplaren. Eine Überschreitung der festgelegten Auflagenhöhe ist gesetzlich verboten. Sie kann jedoch umgangen werden, indem (wiederum in Absprache mit dem Künstler) ein sog. "Nach- oder Spätdruck" vereinbart wird, dessen Stückzahl jedoch wiederum vorab festgelegt wird und der als Reproduktion des originalen Drucks in dem Ruf steht, nur mehr von geringem künstlerischen Wert zu sein. Diese strenge Reglementierung dient sowohl dem Schutz des Künstlers als auch des Sammlers vor unbefugter Vervielfältigung des jeweiligen Objekts oder Kunstdrucks.

Neben dieser (für den Markt bestimmten) Auflage werden häufig auch weitere Exemplare gefertigt, die mit einem ominösen Kürzel versehen sind, das den Eingeweihten des 'Kunst-Codes' verrät, für welchen Zweck sie vorgesehen sind. Die Gesamtauflage und die zusätzlichen Einzelexemplare bilden gemeinsam die "Edition" eines Kunstwerks. In der Regel befinden sich rund 10 bis 15% einer Edition außerhalb des Handels, d.h. sie werden entweder an den Künstler selbst oder/ und den Verleger gegeben.

Vom 'Printer's-' bis zum 'Artist Proof': Abkürzungen und ihre Bedeutungen

p.p. = Printer's proof

Die Abkürzung "p.p." ist vor allem im Bereich der Druckgrafik gebräuchlich und bezeichnet eine gewisse Anzahl von Exemplaren, die der jeweilige Drucker und/ oder Verleger als Beleg für seine Arbeit erhält. Diese Exemplare werden in der Regel als Archivexemplare oder auch zu Werbezwecken verwendet, indem sie potentiellen Auftraggebern zur Probe vorgeführt werden.

E.A. = Epreuve d'Artiste

Die Abkürzung "E.A." ist ebenfalls vor allem im Bereich der Druckgrafik gebräuchlich und bezeichnet Proben für den Künstler ('Künstlerabzug'), die bereits der gewünschten Bild- und Farbqualität entsprechen. Die 'Proben für den Künstler' zeigen diesem, wie die Einzelexemplare der Gesamtauflage letzten Endes aussehen werden. Manche Künstler nummerieren auch diese Exemplare zur besseren Übersicht. Damit sie jedoch nicht mit der 'Auflage' verwechselt werden, erfolgt die Nummerierung hier in römischen Ziffern. So ist das Exemplar E.H. III/X das dritte von insgesamt zehn Exemplaren, die dem Künstler als Vorab-Druck zur Probe überreicht wurden.

Viele Künstler verleihen ihre Vorab-Exemplare auch an Museen oder organisieren eigene Ausstellungen, auf denen sie vorgeführt werden. Da es sich bei den 'Epreuves d'Artiste' um eine sehr frühe und daher "ursprünglichere" Version der Grafik handelt, sind sie bei Sammlern besonders beliebt.

Neben der Abkürzung "E.A." sind auch die Kürzel "a.p" ('Artist proof') und "p.a." ('Prova d'artista') gebräuchlich – je nach Landessprache.

H.C. = Hors de commerce

Die Abkürzung "H.C." wird häufig synonym mit dem Kürzel "E.A." verwendet und bezeichnet die Gesamtheit der Exemplare, die sich 'außerhalb des Handels' befinden. Das heißt, als 'Hors de commerce' gelten sowohl die Exemplare für den Künstler als auch jene für den Drucker und/ oder den Verleger. Welches der Kürzel verwendet wird, hängt häufig von der jeweiligen Landessprache und den gängigen Gepflogenheit des jeweiligen Verlags ab.

Quelle: https://www.zimmermann-heitmann.de/wissenswertes


Gemälde richtig aufhängen: Die optimale Anordnung von Bildern

Gut geplant ist halb gewonnen: Da selbst das schönste Kunstwerk an Ausstrahlung verliert, wenn es schief mitten im Treppenhaus hängt oder neben einer Reihe minderwertiger Landschaftsaufnahmen verkümmert, sollte das Aufhängen Ihres Gemäldes ebenso gewissenhaft geplant sein wie der Kauf eines Kunstwerks. Welche Art der Aufhängung Sie wählen, hängt in erster Linie von dem Bild selbst ab – denn jedes Gemälde hat individuelle Ansprüche an seine Umgebung.

Sehen und gesehen werden: Die richtige Platzierung

Bevor Sie sich den Kopf über Hammer, Nägel und Dübel zerbrechen, sollten Sie zunächst einmal die richtige Stelle für Ihr Bild aussuchen. Hierfür ist natürlich entscheidend, um was für ein Kunstwerk es sich handelt: Großformatige und farblich auffällige Bilder (Beispiel siehe Bild: „The best peace of my heart“ von James Rizzi) brauchen im wahrsten Sinne des Wortes "Raum", um sich entfalten zu können. Sie sollten sich daher nicht zu nahe an Möbelstücken und auch nicht in unmittelbarer Nähe zu anderen Bildern befinden. Gleiches gilt für sog. "Serien", wie sie in der Kunstfotografie häufig sind. Darüber hinaus sollten Sie sich auch fragen, welchem Zweck das Bild dienen soll: Wenn es sich bei Ihrem Gemälde um ein Werk handelt, das zur längeren Betrachtung einlädt, empfiehlt es sich, es gegenüber einer Sitzmöglichkeit anzubringen.

James Rizzi – The best peace of my heart

Die richtige Höhe für ein Gemälde ist schnell gefunden: Grundsätzlich gilt, dass das Bild sich in der optimalen Position für den Betrachter befindet, wenn die Bildmitte in etwa auf Augenhöhe (durchschnittlich bei ca. 1,60m) ist. Haben Sie jedoch eine Position gewählt, bei der das Bild vornehmlich sitzend betrachtet wird, sollten Sie es entsprechend niedriger anbringen. Neben der Betrachter-Perspektive müssen auch architektonische Gegebenheiten wie die Diagonalen im Raum beachtet werden. So verlieren Gemälde beispielsweise an Wirkkraft, wenn sie in unmittelbarer Nähe zu Fenstern und Türen angebracht sind. Im Treppenhaus sollten Sie darauf achten, dass die Bilderfolge mit der Treppensteigung übereinstimmt.

Eyecatcher und Unikate: Einzelne Bilder gekonnt aufhängen

Indem Sie ein paar einfache Regeln beachten, stellen Sie sicher, dass Ihr Gemälde gerade und sicher an seinem Wandplatz bleibt. So benötigt ein Bild ab einer gewissen Größe beispielsweise immer zwei Aufhängpunkte. Selbst bei sehr leichten Gemälden sollten Sie hierfür niemals Nägel, sondern stets Schrauben oder Haken mit entsprechenden Dübeln verwenden. Für die Bohrung können Sie auf einen Trick zurückgreifen, indem Sie eine Holzleiste verwenden, in die sie die Löcher im gewünschten Abstand (entsprechend dem Abstand der Aufhängevorrichtung) "vorbohren". Diese Leiste fungiert an der Wand als Schablone und bietet zudem die optimale Ablage für die Wasserwaage, mit der Sie überprüfen können, ob die Bohrungen gerade sind. In Altbauwohnungen empfiehlt es sich, direkt mit Hohlraumdübeln zu arbeiten.

Sollte das Bohren bei Ihren Wänden generell problematisch sein, da sie zu porös, oder in regelmäßigen Abständen von Stahlträgern durchzogen sind, können Sie auch schöne Effekte erzielen, indem Sie Ihr Gemälde im sog. "Skyline"-Prinzip einfach vom Fußboden an die Wand lehnen oder auf ein Regal stellen. Eine ähnliche Optik können Sie auch erreichen, indem Sie eine schmale Bilderleiste anbringen, auf der das Gemälde leicht schräg gegen die Wand gelehnt wird. Diese Lösung empfiehlt sich insbesondere dann, wenn Sie mehrere Einzelstücke besitzen, die sie von Zeit zu Zeit austauschen möchten. Damit die lagernden Gemälde in der Zwischenzeit keinen Schaden nehmen, können Sie ein paar einfache Regeln zum Lagern von Gemälden beachten, die wir in unserem Kunstblog für Sie zusammengestellt haben.

Serien und Collagen: Mehrere Bilder aufhängen

Anstatt sich für ein einzelnes Gemälde mit großer Wirkkraft zu entscheiden, greifen manche Kunstliebhaber entweder zu Serien oder aber zu unterschiedlichen Bildern, die an der Wand zu einem Gesamtkunstwerk angeordnet werden (Beispiel siehe Bild: "Bathers VII - Serie blau" von Stefan Szczesny). Wichtig ist in beiden Fällen, dass die Bilder in ausreichendem Abstand angebracht werden, damit sie einander nicht "überlagern". Bei gleichformatigen Bildern, die symmetrisch aufgehängt werden, empfiehlt sich hierfür eine Schablone, mit deren Hilfe Sie die jeweiligen Abstände exakt bemessen können. Eine flexiblere Lösung wäre hier eine sog. "Bilderleiste", die in der Regel knapp unter der Decke angebracht wird und an der Sie Ihre Kunstwerke mit Nylonseilen befestigen können. Diese Vorrichtung empfiehlt sich vor allem dann, wenn Sie Ihren Wandschmuck des Öfteren austauschen möchten.

Stefan Szczesny – Bathers VII Serie blau

Sollten Sie sich eine kreativere und etwas "lebendigere" Lösung wünschen, empfiehlt sich ein geordnetes Chaos: Legen Sie zunächst alle Bilder, die Sie aufhängen möchten, auf dem Boden aus und testen Sie deren Arrangement. Dabei sollten Sie darauf achten, dass besonders auffällige (und große) Bilder sich eher im Zentrum befinden und die kleineren um diese herum arrangiert werden. Wenn Sie ihre "Collage" dann an die Wand bringen, achten Sie darauf, auch hier mit den großen Formaten zu beginnen und sich Bild für Bild nach außen vorzuarbeiten. Für die kleineren Formate in diesem Arrangement sind einfache Stahlnägel in der Regel ausreichend.


Die urbane "Underground" Kunstszene

Provokation, Rebellion & der Wunsch nach Unabhängigkeit: Die Beweggründe für Underground-Künstlerinnen und Künstler sind auf der ganzen Welt die gleichen – wenn sie auch ganz unterschiedliche Ausdrucksformen finden, um sich Gehör zu verschaffen. Wie keine zweite Kunstform ist diese 'Kunst am Rande der Gesellschaft' mit dem urbanen Raum der Großstadt verknüpft: Sie spielt mit den Möglichkeiten, die die Stadt ihr liefert, nutzt sie jedoch auch, um Missstände anzuprangern und alternative Wirklichkeiten zu entwerfen. Dabei prägt jede Underground-Kunst ihre Stadt in besonderer Weise – und auch jede Stadt bringt ihre eigene Underground-Szene hervor, die nicht kommerzielle und anti-kapitalistische Kunst schafft.

Polarisation und Exklusivität: Das Selbstverständnis des Undergrounds

Die Kunst des 'Untergrunds' definiert sich selbst in klarer Trennung vom sog. "Mainstream", welcher Kunst "für die Masse", d.h. Kunst nach allgemein etablierten Maßstäben bezeichnet. Die Underground-Kunstszene, in der so gut wie alle Sparten (von der Musik über Literatur bis hin zu Bildender Kunst) vertreten sind, zeichnet sich im Gegensatz zum Mainstream durch eine kleinere Anhängerschaft und unabhängige Produktion aus. Jede neue Underground-Erscheinung formiert sich zunächst als Kultur einer Minderheit, wird im Laufe der Zeit jedoch häufig zum Teil der "allgemeinen" Kultur, indem sich die Anhängerschaft vergrößert, sich ein entsprechender Trend entwickelt oder sie von einer weiteren Neuerscheinung im Untergrund abgelöst wird. Grundsätzlich gilt: Wenn es alle kennen und alle mögen, ist es kein 'Underground' mehr.

Anders als der Name vielleicht vermuten lässt, will Undergroundkunst durchaus gesehen werden. Sie mag am Rande der Gesellschaft entstehen, hat von dort jedoch die optimale Perspektive, um anzuprangern, was sie sieht: Nur wenn der Künstler außerhalb der Gesellschaft steht, kann er oder sie wahrhaft gesellschaftskritisch arbeiten. Aus diesem Grund ist eines der wesentlichen Merkmale der Underground-Kunstszene das Polarisieren durch Provokation: Nicht selten wird der 'kommerziellen' Kunst auf öffentlich zugänglichen Ausstellungen oder groß angelegten Demonstrationen die künstlerische Qualität abgesprochen, indem sie als "Massenware" mit oftmals reaktionärem Inhalt diffamiert wird.

Streetart, Graffiti und Comics: Die Spielarten der Underground-Kunst

Wenn sich Kunst am Rande der Gesellschaft bewegt, so bedeutet dies nicht, dass sie nicht vielfältige Formen des Ausdrucks entwickeln kann. Es ist sogar das Gegenteil der Fall: Je weiter sich die Kunst von der sog. "Hochkultur" entfernt und desto mehr traditionelle Grenzen der Gestaltung sie sprengt, desto bunter und heterogener werden ihre Spielarten. Neben dem musikalischen Underground ist auch die literarische Underground-Szene extrem virulent und drückt sich vor allem in der Form des Comics bzw. der "Graphic Novel" und sog. "Fanzines" (Magazinen von Fans für Fans) aus. Ebenfalls als Erscheinung des Undergrounds, die sich vor allem in den letzten zehn Jahren immer größerer Beliebtheit in beinahe allen Großstädten der Welt erfreut, gilt der sog. "Poetry Slam", bei dem selbst verfasste Texte innerhalb kürzester Zeit einem kleinen Publikum dargeboten werden.

GB 1984 - Andy Council @ UPfest 2013, Bristol – flickr.com

In der Bildenden Underground-Kunst hat sich mit der "Urban Art" eine Kunst manifestiert, die in den Dialog mit ihrer Stadt (siehe Bild) tritt.

Als Urban Art zählen sowohl:

Graffitis,

Streetart und

Stickerkunst

als auch das weniger bekannte "Adbusting" (das Überkleben und Verfremden von Werbeplakaten im öffentlichen Raum) und das sog. "Urban - " oder "Guerilla Knitting“, bei dem Gegenstände im öffentlichen Raum (Parkbänke, Bäume, Fahrradständer etc.) durch Stricken verfremdet werden. Hierfür werden entweder verschieden große gestrickte Accessoires angebracht oder auch ganze „Stadtmöbel“ eingestrickt. Das Urban Knitting wird häufig als eine spezifisch weibliche Form der Urban Art betrachtet. So wurde anlässlich des Frauentages 2011 die Wiener Ringstraße im Rahmen einer Demonstration mit zahlreichen gestrickten Kunstwerken versehen, die jedoch (obgleich sie genehmigt waren) noch am gleichen Tag von der Straßenreinigung entfernt wurden.

Eine weitere Underground-Erscheinung ist die sog. "Demoszene", bei der es sich um einen Zweig der Computerszene der 1980er Jahre handelt: Hier werden mithilfe von Computerprogrammen sog. "Demos" entwickelt, bei denen es sich um (in der Regel musikalisch unterlegte) Digitale animierte Kunst handelt. Als Plattform für ihre nicht kommerzielle und anti-kapitalistische Kunst dienen dem Unterground (neben öffentlichen Flächen, sofern es sich um Streetart handelt) verschiedene Projekträume, sog. "Offspaces": Diese können sowohl Ateliers als auch Lagerräume oder sogar Privatwohnungen sein, die im Gegensatz zu kommerziellen Ausstellungsräumen und Galerien kostengünstig und flexibler in der Gestaltung sind.

Underground und Mainstream: Ein Teufelskreis

Jede Großstadt hat ihre eigene Underground-Kunstszene. Ganz gleich ob London, Paris, New York oder Berlin – überall rebellieren (junge) Menschen gegen die tradierten und reglementierten künstlerischen Normen, indem sie provozieren und etwas "Neues" erschaffen, worüber alle sprechen. Doch genau jene Aufmerksamkeit, die die Künstler mit ihren Aktionen und Kunstwerken erreichen möchten, ist häufig auch ihr größtes Problem – denn wann immer etwas die Aufmerksamkeit auf sich zieht, sind die großen Konzerne nicht weit und versuchen, das neue "Phänomen" für sich nutzbar zu machen. So setzen bereits viele Hersteller Techniken der Streetart ein, um für eigene Zwecke zu werben.


Stilllebenmalerei: Bedeutung und Arten

„Mit einem Apfel will ich Paris in Erstaunen versetzen!“ Der hier spricht, ist Paul Cézanne. Und auch, wenn sein Vorhaben angesichts der belebten und schwer zu beeindruckenden Pariser Künstlerszene um 1870 recht kühn anmutet, so zeugt es neben dem künstlerischen Selbstbewusstsein des französischen Malers auch von der im 19. Jahrhundert ungebrochenen Faszination Europas für das sog. „Stillleben“. Die künstlerische Disziplin, die erst seit dem 17. Jahrhundert als eigenständige Kunstrichtung gilt, entwickelt sich zunächst als Hintergrundelement und Teil größerer Werke.

Das „Stillleben“ zeigt unbewegte oder leblose Gegenstände wie Blumenarrangements, Früchte oder Jagdbeute, die nach ästhetischen oder (je nach Genre) symbolischen Gesichtspunkten angeordnet sind. Da grundsätzlich jede Darstellung eines unbewegten Gegenstandes als Stillleben bezeichnet werden kann und die Artenvielfalt sich von Blumen- und Früchtestücken über Bücher-, Jagd- und Küchenstücke bis hin zu Masken- und Waffenstück erstreckt, sind die Übergänge der Gattung zur Genre- und Interieurmalerei fließend. Das früheste erhaltene Stillleben, für das man bereits von einer eigenständiger Komposition sprechen kann, ist das „Rebhuhn mit Waffen“ des französischen Malers Jacopo de' Barbari aus dem Jahre 1504.

Das Stillleben vor 1600: Bildschmuck und Hintergrundmotiv

Die Motive des Stilllebens kennt im Grunde jede Epoche, da jedes Bild auf bestimmte Art und Weise arrangiert und „komponiert“ ist. So finden sich Elemente des Stilllebens auf Wandbildern, Reliefs und Mosaiken bereits in der antiken ägyptischen, hellenistischen und römischen Kunst. In der frühen abendländischen Kunst sind die „stilllebenen“ Motive zunächst nur Teile größerer Werke, da die reine Darstellung eines Gegenstandes ohne 'symbolischen' Gehalt oder versteckte Aussage den künstlerischen Grundprinzipien des europäischen Mittelalters widerspricht. Entsprechend sind die Arrangements auf den Bildern des niederländischen Malers Jan van Eyck und des Flamen Robert Campin lediglich schmückendes Beiwerk mit allegorischem Gehalt, der sich nach dem jeweiligen Hauptmotiv richtet. Die allmähliche Entwicklung des einstigen Hintergrundmotivs zum Hauptgegenstand des Bildes findet erst in der zweiten Hälfte des 16. statt.

Im Jahre 1553 malt Pieter Aertsen, der heute als der erste niederländische „Stilllebenmaler“ gilt, die Szene „Christus bei Maria und Martha“ und lässt dabei die namensgebende biblische Szene weitestgehend in den Hintergrund treten, während das prächtig gemalte Stillleben den Mittelpunkt der Darstellung bildet. Durch das im 17. Jahrhundert erstarkende Bürgertum findet eine weitere Spezialisierung des Stilllebens (beispielsweise auf Blumen-, Jagd- und Küchenstillleben) statt, die mit den Gestaltungsmitteln des bürgerlichen Realismus rein aus Farbe, Form und Komposition aufgebaut sind. Bedeutende Künstler dieser ersten Blütezeit sind neben Pieter Aertsen auch Samuel van Hoogstraten, seines Zeichens ein Schüler Rembrandt van Rijns und Maler des berühmten „Steckbretts“ (um 1660), und Willem Kalf, der gegen Ende des 17. Jahrhunderts für seine Arrangements filigraner Silber-, Gold- und Porzellangegenstände in Verbindung mit Früchten und Blumen bekannt wird.

Das Stillleben zwischen 1600 und 1800: Bürgerlichkeit, Vanitas & 'Memento mori'

Speziell in den Niederlanden schwankt das Stillleben zu Beginn des Barock zwischen bürgerlichen Motiven auf der einen und symbolischen Darstellungen auf der anderen Seite: Viele Stillleben der Zeit stellen die Macht und den Reichtum ihrer Auftraggeber durch besonders wertvolle Gegenstände, wissenschaftliche Instrumentarien und kostbare Blumenarrangements dar.

Allie_Caulfield - 2009-11-15 München, Alte Pinakothek 125 Peter Paul Rubens und Jan Brueghel d.Ä., Madonna im Blumenkranz.jpg – flickr.com

Ein bekanntes Beispiel ist hier Jan Brueghel der Ältere, der (aufgrund seiner Spezialisierung) auch „Blumenbrueghel“ genannt wird. Brueghel malt u.a. die Blüten der „Madonna im Blumenkranz“ von Peter Paul Rubens (siehe Bild). Die andere Seite dieses Lobgesangs auf das 'Diesseits' und die profane Sinnlichkeit bilden die Motive der Vergänglichkeit bzw. der „Vanitas“ (lat. vanitas = 'Leere, eitles Treiben').

Als DAS Vanitas-Symbol tritt der Totenschädel als Mahnung an die Sterblichkeit des Menschen bereits im 15. Jahrhundert auf. In Verbindung mit weiteren Motiven der Vergänglichkeit (Kerze, Sanduhr, Insekten, welkende Blumen etc.) bildet er im 17. Jahrhundert schließlich einen eigenen Typus von Stillleben aus. Das Vanitas-Motiv bezieht sich auf den Prediger Salomo im Alten Testament, welcher das satte, volle Leben stets mit seiner Kehrseite von Tod und Verfall verbindet. Die Mahnung des „Memento mori“ (= 'Bedenke, dass du sterben musst!') findet im niederländischen Stillleben des 17. Jahrhunderts ihre vollkommene bildliche Darstellung. Doch auch später findet die barocke Symbolik noch Nachahmer – so zum in Paul Cézanne und seiner „Schädelpyramide“ von 1901. Im 18. Jahrhundert verliert das Stillleben an Bedeutung. Besonders in der streng akademischen Kunst Frankreichs bleibt das Stillleben, da es das Kriterium des 'Erhabenen' nicht erfülle, lange Zeit unbeachtet. Eine Ausnahme sind hier die Arbeiten von Jean-Siméon Chardin, dessen subtiler Bildaufbau und nuancenreiches Kolorit eine technische Weiterentwicklung der künstlerischen Gestaltung darstellen. In Italien tut sich vor allem Carravaggio als Meister des Stilllebens hervor – seine Arbeit „Früchtekorb“ von 1595/96 gibt es auch bei uns in der Galerie zu entdecken.

Das Stillleben ab 1800: Gefühlskult & Abstraktion

Das 19. Jahrhundert bedeutet einen Wandel für das Stillleben, da die realistische Darstellung immer mehr in Frage gestellt, zugleich jedoch nach neuen Möglichkeiten des Ausdrucks gesucht wird. So zeigt sich im Impressionismus mit Monet und van Gogh erstmals das Stillleben im (betonten) Spiel mit Atmosphäre und Licht (Monet) sowie das Stillleben als Ausdruck starker emotionaler Impulse (van Gogh). Zu abstrakteren Gestaltungen kommt es bereits im Expressionismus und später im Fauvismus, der das Stillleben rein aus Form und Farbe aufbaut. Zu neuer Blüte gelangt das Stillleben zu Beginn des 20. Jahrhunderts: Durch die Arbeiten Paul Cézannes, der nach und nach die Perspektive auflöst, Größenverhältnisse konsequent missachtet und die Wirklichkeit als erster auf ihre reinen geometrischen Formen reduziert, wird das (stark abstrahierte) Stillleben in dieser Zeit zu einem Hauptthema der Kunst. Die beginnende Abstraktion im Stillleben zeigt sich auch in Cézannes Arbeit „Stillleben mit Äpfeln und Orangen“ von 1895.

Bild: Stillleben Orangen, Bananen, Zitronen, Tomaten von Paula Modersohn-Becker 

Cézannes Arbeiten sind stilbildend für den Kubismus und Künstler wie Picasso, Braque und Juan Gris, welche das Stillleben später nicht mehr nur aus Farbe und Form, sondern (mittels der Collage) auch aus Papier, Tapete, Sand, Holz und anderen Stoffen aufbauen: Das Stillleben wird dreidimensional. Eine ganz neue Form entsteht in den 1920er Jahren mit den Dadaisten, welche vorgefundene Gegenstände (franz. Objets trouvés) zu Kunstwerken erklären. Im Surrealismus schließlich wird das Stillleben um eine traumhaft-visionäre Komponente bereichert, indem Künstler wie Dalí und Magritte realistische Gegenstände verfremdet in visionären Umgebungen abbilden. Grundsätzlich bietet das Genre des Stilllebens der Kunst des 20. Jahrhunderts vor allem die Möglichkeit, sich experimentell mit dem Verhältnis des Künstlers zur Objektwelt auseinanderzusetzen und dieses neu zu definieren.


Surrealismus: "Mehr" als Realismus

Zerfließende Uhren, zersplitternde Menschen und eine Pfeife, von der die Bildunterschrift hartnäckig behauptet: 'Ceci n'est pas une pipe." (= 'Das ist keine Pfeife.') Als die ersten surrealistischen Künstler sich im Paris der 1920er Jahre um den Schriftsteller André Breton formieren, stellen sie nicht nur die Wahrnehmung der Wirklichkeit, sondern die Realität selbst in Frage: Die Werke, die sowohl in der Bildenden Kunst als auch in der Literatur dieser Zeit entstehen, bewegen sich über ( = franz. 'sur') der Wirklichkeit, indem sie sich von der realistischen Darstellung abwenden und sich stattdessen für den Traum, das Unbewusste und das Phantastische öffnen.

Sora - SALVADOR DALI "La persistencia de la memoria" – flickr.com

Der "Surrealismus" wird schon bald zur europaweiten Strömung und findet nach dem Zweiten Weltkrieg durch die Vermittlung Max Ernsts und Salvador Dalís auch in den USA Nachahmer. Von der phantastischen Malerei vergangener Jahrhunderte, wie sie sich etwa bei Hieronymus Bosch und den Symbolisten des 19. Jahrhunderts findet, unterscheidet sich die surrealistische Weltsicht dadurch, dass sie durchaus von der Realität aus und zudem über sie hinausgeht. Sie nutzt eine naturalistische, gegenständliche Gestaltungsweise, verfremdet diese jedoch so stark, dass die Unterscheidung zwischen Realität und Traum auch für den Betrachter kaum mehr möglich ist.

Diese "Verschmelzung" von visionärer und wirklicher Welt, die Breton in seinem ersten "Surrealistischen Manifest" im Jahre 1924 als Ziel der Bewegung formuliert, wird im surrealistischen Werk durch unterschiedliche künstlerische Mittel umgesetzt.

Ich glaube an die künftige Auflösung dieser scheinbar so gegensätzlichen Zustände von Traum und Wirklichkeit in einer Art absoluter Realität, wenn man so sagen kann: Surrealität. (André Breton, Surrealistisches Manifest 1924)

Die Wegbereiter des Surrealismus: Dadaismus & Psychoanalyse

Bei den ersten Künstlern, die sich ab 1919 um Breton scharen und sich sechs Jahre später mit dem Begriff "Surrealisten" nach dem Untertitel eines Dramas von Guillaume Apollinaire ("Les Mamelles des Tirésias. Drame surréaliste“) belegen, handelt es sich um Dadaisten der ersten Stunde: Diese satirische und kämpferische Bewegung war um 1915 als Protest gegen den Ersten Weltkrieg und den damit verbundenen Nationalismus des Bürgertums entstanden. Anders als ihre surrealistischen „Erben“ streben die Dadaisten jedoch nicht die Erschaffung einer neuen Kunst und einer neuen ästhetischen Wirklichkeit (einer Wirklichkeit über der mit traditionellen Mitteln wahrgenommenen Realität) an, sondern erklären Zufall und Sinnlosigkeit angesichts der unheilvollen Realität zu ihrem Programm: Ein Protest ohne Inhalt.

Philosophisch-geistigen Einfluss übt in dieser Zeit vor allem die wissenschaftliche Entdeckung des Unbewussten/ Unterbewussten in der Psychoanalyse Sigmund Freuds aus. Besonders die 1900 publizierte "Traumdeutung" des österreichischen Arztes fließt in das Programm der Surrealisten ein: Während sie vom Dadaismus in erster Linie den revolutionären und anti-kapitalistischen Charakter übernehmen, setzen sie sich durch Freud verstärkt mit den Tiefenstrukturen des menschlichen Seelenlebens auseinander und gestehen den unbewussten Impulsen einen höheren Stellenwert zu als der rationalen und logischen Überlegung.

Die Techniken des Surrealismus: Collage, Frottage, Grattage

Da die Surrealisten, anders als ihre dadaistischen Vorgänger, durchaus eine Revolution und eine neue Unabhängigkeit der Kunst anstreben, entwickeln sie auch vollkommen neuartige Ausdrucksformen. Dazu gehört die Verwendung traditioneller bildnerischer Mittel wie etwa Ölfarbe, Bleistift und Zeichenkohle ebenso wie das Schaffen neuer Techniken wie Collage, Frottage und Grattage: Bei der Collage, die vor allem durch Pablo Picasso und George Braque bekannt wird, werden bekannte Materialen wie Tapete, Papierschnipsel und Stoff zu einem neuen Ganzen zusammengefügt.

Bei der – durch den deutschen Maler Max Ernst bekannt gewordenen – "Frottage" wird Papier auf eine Oberfläche mit deutlicher Struktur (wie beispielsweise Holz oder Bimsstein) gelegt und die Maserung mit Hilfe eines weichen Bleistifts "durchgerieben". Anschließend wird die so entstehende Vorlage mit Farbe bearbeitet und so zu einem neuen Bild weiterentwickelt. Die "Grattage" hingegen arbeitet ausschließlich mit Farbe, indem mehrere Schichten übereinander auf einer Leinwand aufgetragen und anschließend partiell wieder abgekratzt werden. So entstehen neue Farbmuster.

"Mehr" als Realismus: Traum, Vision & Rausch

Die wichtigste Neuerung gegenüber den traditionellen Gestaltungsweisen sind jedoch weder Materialien noch Techniken – es ist die Beschaffenheit des künstlerischen Gestaltungsprozesses selbst: Die Surrealisten streben bei der künstlerischen Gestaltung die vollkommene Freiheit von Verstand und beschränkender Logik an, damit das künstlerische Unterbewusstsein und die spontane Stimmung die Kontrolle übernehmen könnten. Eine in Zusammenhang mit diesem Ideal entwickelte Technik ist das sog. "Automatische Schreiben", bei dem der Künstler unter Ausschaltung jeglicher Gedanken dem spontanen Impuls folgt und mit dem Bleistift oder der Zeichenkreide das gestaltet, was sein oder ihr 'künstlerischer Wille' ihm oder ihr eingibt.

Wichtig sind bei dieser Arbeit vor allem Assoziationen, welche sofort eingearbeitet werden, sowie die Arbeit mit visionären Traum- und Rauschzuständen. Viele surrealistische Künstler "arbeiten" in Phasen des Halbschlafs oder der Bewusstseinsdämmerung, um ihre 'Traumwelten' zu Papier oder auf die Leinwand bringen zu können. Auch bewusst hervorgerufene Rauschzustände durch Alkohol oder Drogen sind in der surrealistischen Szene durchaus keine Seltenheit. Eine Künstlerin, die zu den bekanntesten Vertretern des Surrealismus gezählt wird, ist die mexikanische Künstlerin Frida Kahlo, die durch ihre (zum Teil phantastisch anmutenden) Selbstbildnisse bekannt geworden ist – so in etwa das "Selbstbildnis mit Dornenhalsband" von 1940. Anders als viele andere, hat Kahlo jedoch zeitlebens keinen Grund, das visionäre Erlebnis zu "erzwingen": Auf den surrealistischen Gehalt ihrer Bilder hin befragt, sagt die Mexikanerin: Ich male, was ich sehe.

Die Realität im Surrealismus: Salvador Dalí & René Magritte

Neben den Künstlern, die mit neuen Techniken einer neuen Kunst zum Aufschwung verhelfen möchten, gibt es eine zweite Tendenz im Surrealismus, die nicht nach neuen Techniken der künstlerischen Gestaltung sucht, sondern danach trachtet, die Wahrnehmung zu verändern bzw. den Betrachter dazu zu bringen, seine Wahrnehmung zu hinterfragen. Künstler wie der Spanier Salvador Dalí und der belgische Maler René Magritte malen gegenständlich-realistisch und extrem detailliert, verfremden ihre Motive jedoch, indem sie sie in ungewohnter Manier darstellen oder in phantastisch anmutende Umgebungen versetzen. Während Dalí vor allem für seine "zerfließenden" Uhren und Elefanten berühmt geworden ist, die auf Spinnenbeinen durch die Wüste ziehen, stellt Magritte in besonderer Weise die Frage nach dem Realitätsgehalt der Wahrnehmung.

Zu Dalís bekanntesten Werken zählen neben "La persistencia de la memoria“ (= 'Die zerfließende Zeit') aus dem Jahre 1931, auch „Der erhabene Augenblick“ und „Die Versuchung des heiligen Antonius“. Alle drei Bilder sind (rein formal) extrem realistisch gestaltet, jedoch so sehr verfremdet, das zwischen den Anteilen der alltäglichen Wirklichkeit und des Traums bzw. der Vision unmöglich unterschieden werden kann. Auch Magritte malt Bilder, die stets ein Fragezeichen offen lassen und so niemals den Zweifel beseitigen, ob das Dargestellte nicht vielleicht doch etwas ganz anderes zeigt. Bekannt geworden sind daher vor allem jene Bilder, deren Figuren die Gesichtszüge fehlen, weil sie stets verdeckt sind – so etwa in dem Ölgemälde "Le Fils de L'Homme" von 1964 (siehe Bild), das es auch in unserer Galerie zu entdecken gibt.


Konstruktivismus und Suprematismus

Das Schwarze Quadrat auf weißem Grund: Als der russische Avantgardist Kasimir Malewitsch sein 79 x 79 cm großes Ölgemälde im Jahre 1915 erstmals ausstellt, präsentiert er der Öffentlichkeit das „wohl radikalste Bild der Kunstgeschichte“. Die farb- und gegenstandslose, rein nach geometrischen und architektonischen Gesichtspunkten konstruierte Komposition vereinigt bereits alle charakteristischen Merkmale der gegenstandlosen Malerei, die ihre Blütezeit in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts erreicht. Mit dem „Konstruktivismus“ entwickelt sich eine Kunst, die den wissenschaftlichen und technischen Höhepunkt ihrer Zeit abzubilden sucht.

Der Konstruktivismus wird heute vor allem als kommunistisch propagandistische Kunstrichtung verstanden, die sich im revolutionären Russland entwickelt hat.

Neben dem russischen Konstruktivismus, welcher in der Tat wesentlich durch den politisch engagierten Suprematismus geprägt ist, gibt es jedoch auch zwei weitere Formen:

Der europäische analytische Konstruktivismus

Der praktisch-experimentelle Konstruktivismus

Der europäische „analytische“ Konstruktivismus geht von der konkreten Malerei aus und hat sich in starker Nähe zum deutschen „Bauhaus“ und der niederländischen Künstlervereinigung „De Stijl“ entwickelt, während der praktisch-experimentelle Konstruktivismus vorrangig durch die moderne Architektur geprägt ist und in größerem Maßstab mit audiovisuellen und räumlichen Konstruktionen sowie mobilen Mechanismen arbeitet. Im Allgemeinen werden die analytischen und die praktisch-experimentellen Ausformungen als „Internationaler Konstruktivismus“ zusammengefasst, da sie mehr ästhetisch als politisch motiviert sind.

Die Wegbereiter des Konstruktivismus: Konkrete Kunst und Kubismus

Während der Impressionismus gegen Ende des 19. Jahrhunderts noch regelrechte „Stimmungsbilder“ aus Farbe und Licht zusammensetzt und auch der Expressionismus auf kräftige Farben und bildnerische Dynamik setzt, um das Seelenleben des Künstlers abzubilden, löst sich die Malerei im frühen 20. Jahrhundert immer mehr von Farbspiel und Gegenständlichkeit. Bereits um 1900 stellen sich mit Henri Matisse und Wassily Kandisky die Weichen für die „Konkrete Kunst“, die rein aus Form und Farbe aufgebaut und weitestgehend vom Gegenständlichen abstrahiert ist. Diese neue Autonomie bildnerischer Gestaltung ist mit dem Schlachtruf „L'art pour L'art“ in die Kunstgeschichte eingegangen, da sie eine Kunst propagiert, die nur ihren eigenen Gesetzen folgt und in keiner Weise funktionalisiert werden dürfe. Der sich ab 1907 entwickelnde Kubismus greift jene neue „Gegenstandslosigkeit“ in der Malerei auf, geht jedoch von der konstruktiven Struktur des Gegenstandes aus und nutzt die einzelnen Elemente für die Bildkomposition. Nach Paul Cézanne sei die Wirklichkeit einzig und allein aus den Formen Kubus, Kegel und Kugel aufgebaut – und könne daher auch in der Malerei auf jene Formen reduziert werden.

Jene Gestaltungsweise zeigt sich bereits in den „Les Demoiselles d’Avignon“ (1907) von Picasso, welcher – wie George Braque – Vertreter des „analytischen“ Kubismus ist. Bei dieser Richtung der kubistischen Kunst werden die traditionellen illusionistischen Mittel wie Raum und Perspektive komplett aufgelöst, indem die Objekte in ihre Teile zergliedert und gleichsam „auf der Bildfläche ausgebreitet“ werden. Durch die Auflösung der Perspektive sind Maler wie Braque, Picasso, Juan Gris, Fernand Léger und Alexander Archipenko in der Lage, in ihren Bildern eine gewisse „Gleichzeitigkeit“ darzustellen, die mit traditionellen bildnerischen Mitteln nicht erreicht werden kann. Besonders deutlich kommt jene Simultaneität von Augenblicken 1937 in Picassos „Guernica“ zum Ausdruck, in welchem er die Zerstörung der Stadt Gernika während des Spanischen Bürgerkriegs verarbeitet. Der „synthetische“ Kubismus geht noch einen Schritt weiter und setzt reale Dinge wie Tapeten, Zeitungsausschnitte oder Teile anderer Bilder zu neuen ästhetischen Objekten zusammen.

Material und Raum: Der Internationale Konstruktivismus

Hat die konkrete Kunst also bereits den Gegenstand aus der bildnerischen Gestaltung entfernt und der Kubismus die Wirklichkeit in geometrische Formen zerlegt, so geht der Konstruktivismus noch einen Schritt weiter und macht die mathematische Konstruktion aus exakt bemessenen Elementen zur Grundlage seiner künstlerischen Ästhetik: Gemäß seines Namens (lat. 'construere' = aufbauen, errichten, zusammenfügen) vertritt der Internationale Konstruktivismus eine künstlerische Gestaltung, in der die Elemente in fest definierten Beziehungen und Maßeinheiten zueinander stehen. Folglich stehen die räumliche Gestaltung und die Architektur im Mittelpunkt dieser Phase. Im Gegensatz zum Kubismus findet sich im Konstruktivismus auch eine deutliche Beschränkung der Farbpalette: Neben Schwarz, Weiß und Grau werden nur (und selten) die Primärfarben verwendet.

Bedeutende Vertreter des Internationalen Konstruktivismus sind u.a. der Schweizer Künstler Johannes Itten, der am „Bauhaus“ die konstruktivistische Farbtheorie lehrt und der ebenfalls am Bauhaus tätige deutsch-amerikanische Maler und Karikaturist Lyonel Feininger, der sich mit der Farbverteilung im Raum und dem Aufbau von Perspektiven aus reiner Farbabstufung auseinandersetzt (siehe Bild: Regenklarheit).

Eine ungewohnt figurale Ausformung des Konstruktivismus findet sich bei dem deutschen Künstler Oskar Schlemmer, dessen Bilder mit der Verteilung von Figuren im Raum experimentieren (Siehe Bild: Gruppe am Geländer)

Propaganda und Philosophie: Der Russische Konstruktivismusy

Der russische Konstruktivismus teilt sich mit dem „Utilitarismus“ nach Wladimir Jewgrafowitsch und dem „Suprematismus“ um Kasimir Maletwisch in zwei Richtungen, die jedoch beide ideologisch motiviert sind. Während das utilaristische Prinzip mehrheitlich von der Technik- und Zukunftsbegeisterung des Futurismus beeinflusst ist und die Kunst zur Revolutionierung der Gesellschaft nutzen möchte, entzieht der Suprematismus die Kunst jener gesellschaftlichen Funktionalisierung zugunsten einer reinen geometrischen Formbestimmtheit. Nichtsdestotrotz ist auch Malewitschs Konzept weit entfernt von der „L'art pour L'art“ der Konkreten Kunst: Anders als der Utilarismus will der Suprematismus die Kunst zwar nicht funktionalisieren, doch Malewitsch betrachtet seine Arbeit als ästhetisch-künstlerisches Spiegelbild der kommunistischen Konzepte.

Die Reduktion auf die einfachsten geometrischen Formen sowie die Verwendung der „Unifarben“ Schwarz, Weiß und Grau dienen nach dem "Suprematistischen Manifest" von 1915 ausschließlich der Veranschaulichung der 'höchsten' menschlichen Erkenntnisprinzipien, welche Malewitsch im Kommunismus verdichtet sieht. Folglich betrachten die Vertreter des Suprematismus sich gleichsam als „Verlängerung“ der offiziellen politischen Funktionäre und haben den Anspruch, „das kommunistische Gedankengut mit ihrer Kunst ins Volk zu tragen.“ Dementsprechend bezeichnen die suprematistischen Künstler sich selbst als „Ingenieure“ und sprechen in Zusammenhang mit ihrer Arbeit von der „Front der Kunst“. Auch der Suprematismus ist auf formaler Ebene durch die radikale Reduktion auf einfache geometrische Formen gekennzeichnet, die ihre Vorbilder in der Volkskunst, dem Neo-Primitivismus und den fauvistischen Arbeiten von Henri Matisse finden.

Rein ideologisch betrachtet sieht der Suprematismus in jeder Form von gegenständlicher Darstellung in der Kunst die hierarchischen Strukturen des (durch das Zarentum unterdrückten) Russland verkörpert. Durch die „Verbannung“ von Perspektive, Plastizität und Farbe ist das suprematistische Bild der gegenständlichen und damit 'wirklichen' Welt entrückt und bildet damit einen 'idealen' Raum ab. Die Variante des Russischen Konstruktivismus ist zwischen 1915 und 1930 extrem virulent und hat auch erheblichen Einfluss auf die europäische Avantgarde. Unter Stalin wird der Suprematismus 1927 jedoch verboten und der Sozialistische Realismus zur Staatskunst erklärt.


Streetart: Vandalismus oder Kunst?

Eine junge Frau in Schwarz, die sich vornüber an die Wand stützt und einen Schwall kleiner roter Herzchen erbricht: Ist das Kunst? Als Jugendliche in den 60er Jahren die ersten Häuserzeilen und U-Bahnwaggons in der amerikanischen Bronx mit ihren Namenszügen verzieren, tritt die sog. „Graffiti-Kunst“ auch in Europa ihren Siegeszug an. Mittlerweile ist die „Streetart“, wie sie sich aus dem Graffiti entwickelt hat, ein globales Phänomen und ziert in allen Großstädten der Welt Häuserwände, Laternen, Gehsteige und Verkehrsschilder. Als Teilbereich der „Urban Art“ beschränkt sich die „Streetart“ in der Regel auf den städtischen Raum und die Gestaltung von vorhandenen Flächen.

Als Barack Obama im Jahre 2009 zum 44. Präsidenten der USA gewählt wird ist dies nicht nur ein Sieg für die Demokraten, sondern auch für die Streetart: Der Wahlsieg Obamas macht den Amerikaner Shephard Fairey, der das sogenannte „Change“-Plakat gestaltete, zum Star der Urban Art-Szene und seine Darstellung zur Ikone des gesamtem Wahlkampfs. Und damit nicht genug: Dank Internet, Smartphone und Digitalfotografie schaffen es immer mehr Streetart-Werke in Museen und Galerien, die vielfach auch direkt Arbeiten bei den entsprechenden Künstler in Auftrag geben.

Seit etwa zehn bis fünfzehn Jahren wird die Kunst im öffentlichen Raum und das dazugehörige unangepasst-jugendliche Image zunehmend auch für werbende Zwecke genutzt, indem die entsprechenden Shops Sticker an ihre Kundschaft verteilen, welche diese wiederum im weitläufigen Stadtgebiet anbringen. Der Hersteller Nike ist für großflächige Wandmalereien bekannt, deren kommerzieller Charakter auf den ersten Blick nicht erkennbar ist, und die Firma Sony hat eigens eine Streetart-Galerie in Berlin-Mitte eingerichtet, um die Vermarktung der neuen „PlayStation Portable“ zu unterstützen.

Streetart – Zwischen Kunst und Rebellion

Während die amerikanische Graffiti-Bewegung in den 60er und 70er Jahren sich noch als Kampf gegen die Konsumgesellschaft und den Kapitalismus versteht und auf diese Weise schnell zum globalen Ausdruck von jugendkultureller Identität wird, richtet sich die Streetart als Teil der Urban Art zwar auch gegen die Privatisierung urbaner Räume, hat darüber hinaus jedoch auch einen klaren künstlerischen Anspruch. Neben den, durch die Graffiti-Kunst berühmt gewordenen, Spraydosen verwenden „Streetartler“ auch Poster, Pinsel, Malerrollen und Aufkleber sowie Sticker, um ihre Ideen umzusetzen.

"Wer ungefragt an eine Hauswand sprüht, begeht eine Sachbeschädigung. Für mich ist es so: Wenn jemand nur schnell mal seinen Namen hinkrakelt und das Werk keinerlei ästhetischen Anspruch hat, ist es Vandalismus." (Martin Arz, Koautor von „Street Art München“, 2012)1

Nichtsdestotrotz handelt es sich bei Streetart auf Privatbesitz, für die keine Genehmigung vorliegt, um Sachbeschädigung. Von Vandalismus und einfachem „Gekrakel“ unterscheiden sich sowohl die Streetart im Besonderen als auch die Urban Art jedoch dadurch, dass der Gestaltung ein Prozess der Planung vorausgeht. Die Darstellung im öffentlichen Raum versteht sich deshalb als Kunstrichtung, weil sie mit der vorgefundenen Umgebung arbeitet, sie in die Gestaltung einbezieht und zum Teil des Prozesses werden lässt.

Obgleich es auch immer mehr Grundstückseigentümer und Gemeinden gibt, die Streetart-Künstlermit der Gestaltung dafür vorgesehener Flächen beauftragen, zeichnet sich die Kunst im öffentlichen Raum noch immer weitgehend vor allem dadurch aus, dass sie eben nicht dauerhaft (weil in den meisten Fällen illegal) ist. Diese Tatsache zieht zwei Folgen nach sich: Erstens bleiben die meisten Vertreter der Stilrichtung anonym und arbeiten ausschließlich unter der Verwendung von Pseudonymen. Zweitens hat sich mittlerweile eine breite Community formiert, die sich dem Auffinden und fotodokumentarischen Erhalten von Streetart widmet.

Die Stars der Szene – Weltbekannt trotz Anonymität

JapanBlack  - banksy – flickr.com

Als „Urvater“ der Streetart gilt der Pariser Künstler Gérard Zlotykamien, der zunächst mit Kreide und Pinsel, später jedoch mit Sprühfarbe arbeitet. Seine Darstellungen sind von gesellschaftlich-politischer Relevanz, da er sich mit Themen wie Tod, Krieg und Faschismus auseinandersetzt. Seine sogenannten „Éphémères“ ('vom baldigen Verschwinden Bedrohte'), bei denen es sich um abstrahierte Strichfiguren handelt, sind u.a. von der Judenverfolgung in Deutschland, Österreich und Frankreich während des Zweiten Weltkriegs inspiriert.

Ein aktueller „Star“ der Szene ist ein britischer Künstler, der unter dem Pseudonym „Banksy“ mittels Schablonengraffiti zunächst in Bristol und London (siehe Bild) und später auch in der ganzen Welt bekannt wird. Obgleich Banksy dem Kunstbetrieb nach eigener Aussage fernsteht, gibt es seit dem Jahre 2000 immer wieder Ausstellungen seiner Werke – u.a. die „Barely Legal“ 2006 in Los Angeles und die „Banksy vs. Bristol Museum“ 2009, zu der in weniger als sechs Wochen mehr als 300.000 Besucher kamen.

Auch auf deutschem Boden hat sich die Street Art mittlerweile zur anerkannten Kunstrichtung entwickelt. So werben Städte wie etwa Schwerin und Leipzig nicht nur mit „ihrer“ Streetart, um Touristen anzuziehen, sondern es werden auch regelmäßig Streetart-Festivals organisiert, die die Stars der Szene versammeln. So findet in diesem Jahr am 01. und 02. August bereits das fünfte Internationale StreetArt Festival in Wilhelmshaven statt.

1 https://www.welt.de/print/wams/muenchen/article106298775/Zwischen-Kunst-und-Vandalismus.html


Fotografische Stilrichtungen im Vergleich

Kunst oder Massenmedium? Fotografieren kann jeder – doch nicht jeder wird zum Künstler, indem er den Auslöser betätigt. Die Frage nach dem Kunstcharakter der Fotografie stellt sich seit der Stunde ihrer Geburt im Jahre 1839, als der französische Maler Louis Jacques Mandé Daguerre das Verfahren der "Daguerreotypie" vorstellt. Seither ist die Fotografie ein allgegenwärtiges Medium, das nicht nur unseren Alltag prägt, sondern auch unser Verhältnis zur Wirklichkeit verändert hat. Als erstes Museum überhaupt verfügt das 'Museum of Modern Art' in New York bereits seit seiner Eröffnung im Jahre 1929 über eine Ausstellungsabteilung für Fotografie. In den meisten europäischen Museen beginnt der Aufbau der entsprechenden Ausstellungsbereiche erst in den 1960er und 70er Jahren.

Die vollständige (akademische) Anerkennung der Fotografie als Form künstlerischen Ausdrucks erfolgt erst gute hundert Jahre nach ihrer Erfindung im Zuge der europäischen Avantgarde, welche programmatisch die Grenzen des traditionellen Kunstbegriffes sprengt. Analog zu den technischen Neuerungen entwickeln sich im Laufe der Zeit verschiedene fotografische Stilrichtungen, die die Einzigartigkeit des Mediums, die Aufnahme des Moments, auf jeweils unterschiedliche Arten nutzen.

„How charming it would be if it were possible to cause these natural images to imprint themselves durable and remain fixed upon the paper! And why should it not be possible?” (Henry Fox Talbot, Erfinder des Negativ-Positiv-Verfahrens)1

Ästhetizismus und künstlerischer Anspruch: Kunstfotografie

Nesster - "Dawn and Sunset" by H.P. Robinson, 1885 – flickr.com

Da die Fotografie von der ersten Stunde an mit der Debatte um Originalität, Werkcharakter und die künstlerische Autorenschaft konfrontiert ist, sind insbesondere die frühen Künstler darum bemüht, ihrer Arbeit Geltungsgleichheit mit der Bildenden Kunst zu verschaffen. Die (sich aus diesem Anspruch entwickelnde) sog. "Kunstfotografie" erreicht ihren Höhepunkt zwischen 1850 und 1870 in England, wo sie sich vornehmlich aus den Motiven speist, die auch die Malerei bearbeitet: Hier werden historische, mythologische und literarische Stoffe als Szenen im Atelier arrangiert und mittels Kulisse, Kostüm und Requisite nachgebildet.

Mit fortschreitender technischer Entwicklung ist es den Künstler auch möglich, ihre Arbeiten im Stil der Portraitmalerei zu retuschieren, indem sie sie kolorieren oder mittels Montagetechnik verfremden. Bekannt für ihre kunstfotografischen Werke sind u.a. der Brite Henry Peach Robinson (siehe Bild: „Dawn and Sunset“) und die US-amerikanische Fotografin Gertrude Käsebier.

In den Spuren der großen Maler: Pictoralismus

Pierre Tourigny - Evelyn Nesbit by Gertrude Käsebier, 1900 – flickr.com

In Folge des Anspruchs, ihrer Arbeit den gleichen gesellschaftlichen Stellenwert zu verschaffen wie ihn die Bildende Kunst innehat, entwickelt sich aus der Kunstfotografie um 1900 der "Pictoralismus", der sich in erster Linie einem künstlerischen Ästhetizismus verpflichtet sieht. Die Pictoralisten, die nicht im Atelier, sondern im Freien arbeiten, gestalten ihre Aufnahmen nach dem Vorbild der Landschaftsmalerei und insbesondere des "Lichtspiels" der impressionistischen Malweise. Zum ästhetischen Anspruch des Pictoralismus gehört auch seine bewusste Abgrenzung von der Fotografie als "Massenmedium", wie es sich seit 1888 durch die Erfindung der "Kodak-Box" entwickelt.

Im Gegensatz zum sog. "Schnappschuss" betonen die Pictoralisten die individuelle Note durch Nachbearbeitung der Aufnahmen, wodurch unscharfe Konturen entstehen, die die Details "verwischen". Zu den bekanntesten Vertretern des Pictoralismus zählen neben der Kunstfotografin Gertrude Käsebier (siehe Bild: Evelyn Nesbit von Gertrude Käsebier) auch der US-Amerikaner Edward Streichen und der ebenfalls US-amerikanische Avantgarde-Künstler Alfred Stieglitz, welcher schließlich die Wende zur sog. "Straigth Photography" bringt.

Emanzipationsbewegung und Realitätsanspruch: Straight Photography

Die vollständige Emanzipation der Fotografie von der Malerei gelingt erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts, als das Medium immer mehr für sozialkritische Zwecke eingesetzt wird. So erscheinen bereits 1917 in einer Ausgabe von Alfred Stieglitz Zeitschrift "Camera Works" Aufnahmen des amerikanischen Fotografen Paul Strand, welcher sich insbesondere den Themen Kinderarbeit, Migration und Armut widmet. Aufgrund ihres politisch-sozialen Engagements sind Strands Aufnahmen nicht nachbearbeitet und polarisieren in erster Linie durch ihren eher dokumentarischen Charakter und formal strengen Aufbau.

Die Vertreter der Straight Photography, die häufig im Zusammenhang mit der 'Neuen Sachlichkeit' und dem 'Bauhaus' genannt wird, lehnen jede Manipulation oder Inszenierung ab und fordern neben Detailtreue und strenger Komposition vor allem Bildschärfe und klare Ausleuchtung. Im Jahre 1932 gründet sich mit der Gruppe "f/64" (benannt nach der kleinsten damals verfügbaren Objektivblende für Tiefenschärfe) eine Vereinigung von Künstlerinnen und Künstlern, die nach der Darstellung des Wesentlichen streben und deren Aufnahmen sich – im Gegensatz zum Pictoralismus – nicht aus Emotionen und Impressionen speisen. Bekannte Vertreter der Straight Photography sind neben Paul Strand auch der Amerikaner Edward Weston und der deutsche Fotograf Albert Renger-Patzsch.

Wirklichkeitsabbild und politisches Engagement: Dokumentarfotografie

Aus den Gestaltungsmitteln der Straight Photography entwickelt sich die sog. "Dokumentarfotografie", die ihre Blütezeit zwischen 1920 und 1950 hat und sich der Abbildung der zeitgenössischen Wirklichkeit verschrieben hat. Die Dokumentarfotografie versteht die fotografische Aufnahme als ein authentisches Zeitdokument und strebt danach, die vorfindliche Welt ohne Manipulation oder Inszenierung abzubilden. Beliebtes Motiv insbesondere der frühen Dokumentarfotografie sind daher Straßenszenen, die den Zeitgeist in Metropolen wie Paris, Berlin oder London festhalten. Das sozialkritische Moment der Dokumentarfotografie zeigt sich u.a. in den Arbeiten des dänischen Fotografen Jacob August Riis, welcher die Armut und tagtägliche Brutalität in den Slums von New York City fotodokumentarisch abbildet.

Das politische Engagement der Dokumentarfotografie zeigt sich auch durch ihren Einsatz in Kriegs- und Krisengebieten während des Zweiten Weltkriegs: Die Aufnahmen der amerikanischen Fotografin Margret Bourke-White aus dem Konzentrationslager in Buchenwald gehen um die Welt. Gegenläufig zur politisch engagierten Dokumentarfotografie entwickelt sich während der 1920er Jahre auch der Zweig der Pressefotografie, die sich auf ungewöhnliche, Aufsehen erregende Bilder spezialisiert: Der Pressefotograf wird zum "Sensationssucher", der mit den Mitteln der Straight Photography (direkte Beleuchtung, Detailgenauigkeit, Frontalaufnahmen) insbesondere Gewaltverbrechen und Brandkatastrophen – und damit die Schattenseiten der florierenden Metropolen – fotografisch festhält.

Kreativität und Exklusivität: Werbefotografie

Als jüngste Stilrichtung der Fotografie hat sich in den 1950er Jahren das Fotografieren für werbende Zwecke entwickelt: Die Werbefotografen arbeiten mit Methoden der Bauhaus-Schule und setzen mittels extremer Perspektiven, harter Schatten und bewusst eingesetzter Schärfe oder Unschärfe entsprechende Produkte in Szene. Anders als jene Stilrichtungen, die von kunstästhetischem Anspruch getragen sind, ist die Werbefotografie Teil des kapitalistischen Wettbewerbs und somit stets darauf ausgerichtet, Aufsehen zu erregen und Meinungen zu bilden. Aus diesem Grund ist hier ein besonders hohes Maß an Ideenreichtum, perfekter technischer Umsetzung und Individualität gefragt.

Lange Belichtungszeiten und unbewegte Objekte: Landschafts- und Portraitfotografie

Da der künstlerischen Freiheit in den Anfängen der Fotografie kreative Grenzen durch die extrem langen Belichtungszeiten von bis zu acht Stunden gesetzt sind, entwickelt sich mit der Landschaftsaufnahme zunächst eine Stilrichtung, bei der unbewegte Objekte abgebildet werden. Diese frühe Stilrichtung ist weniger von ästhetischem, als vielmehr von dokumentarischem Interesse geleitet. So werden die Amerikaner Timothy O'Sullivan und William Henry Jackson durch ihre Aufnahmen der westlichen Territorien bekannt, die im Zuge von Expeditionen und Vermessungsarbeiten in den 1870er entstehen. Die Portraitaufnahme hingegen ist von Anfang an vor allem Ausdrucksform eines neuen bürgerlichen Bewusstseins und gleichsam die "Urgattung" der Daguerreotypie: Die Abgebildeten nehmen die extremen Belichtungszeiten in Kauf, um sich fotografisch in Szene setzen zu lassen – ein Luxus, den sich zuvor nur die Adligen leisten konnten, indem sie ein (gemaltes) Portait in Auftrag gaben.

Im 20. Jahrhundert entwickelt sich die ästhetische Landschaftsfotografie, die insbesondere durch Detailgenauigkeit, Schärfe und einen sorgfältigen Bildaufbau geprägt ist: Landschaft wird nicht länger abgebildet, sondern "komponiert". Bekannt für sein ab 1941 entwickeltes "Zonen-System" zur Bestimmung von Belichtungs- und Entwicklungszeiten ist Ansel Adams. Der politisch engagierte amerikanische Fotograf nutzt seine Aufnahmen von amerikanischen Nationalparks Mitte des 20. Jahrhunderts unter anderem, um für den Schutz dieser Gebiete zu kämpfen (siehe Bild: Deep Canyon Stream).

Ähnlich verhält es sich mit der Portraitaufnahme der Neuzeit: Gemäß des soziologisch orientierten Zeitgeists geht es der modernen Portraitaufnahme weniger um ästhetizistischen Anspruch, sondern mehr um den individuellen Ausdruck. So arbeitet der deutsche Fotograf Alfred Sander ab 1910 an einem Bilderzkylus von Menschen unterschiedlichster gesellschaftlicher Schichten. In den 1940er Jahren entwickelt sich das sog. "Environmental portrait", bei welchem persönliche Gegenstände in die Komposition einbezogen werden, die auf die Ideenwelt der fotografierten Personen verweisen. Bekannt sind auch die Arbeiten der Amerikanerin Diane Arbus, die sich für ihre Aufnahmen am Rande der Gesellschaft bewegt und insbesondere kleinwüchsige Menschen, Transvestiten und Menschen mit körperlicher oder geistiger Behinderung fotografiert.